Elite forscht in maroden Gebäuden

Bildungsrauschen

  • Lesedauer: 2 Min.

2016 legten Bund und Länder ein Förderprogramm zugunsten von Spitzenforschung, universitärer Profilschärfung sowie Vernetzung und Kooperation innerhalb des Wissenschaftssystems auf und setzen damit die Exzellenzinitiative (2007 bis 2017) fort. Das nunmehr Exzellenzstrategie heißende Programm soll der globalen Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Deutschlands dienen. Mit jährlich 533 Millionen Euro will man ab 2018 Exzellenzuniversitäten und Exzellenzcluster »dauerhaft« unterstützen. Exzellenclustern sind Kooperationen international relevanter Forschungsprojekte; Exzellenzuniversitäten müssen mindestens zwei dieser Cluster vorweisen. Grundsätzlich sollen gegenüber außeruniversitärer Forschungseinrichtungen die Universitäten, einzeln oder im Verbund, bevorzugt werden, was aber eine Kooperation nicht ausschließt. (bmbf.de)

Verantwortlich für die Auswahl sind die Deutsche Forschungsgemeinschaft (dfg.de) und der Wissenschaftsrat (wissenschaftsrat.de). Das erste Auswahlverfahren wurde im September dieses Jahres abgeschlossen. Insgesamt 57 Cluster an 34 Universitäten erhalten ab 1. Januar 2019 jährlich 385 Millionen Euro zunächst über sieben Jahre, die bei Erfolg um weitere sieben Jahre verlängert werden können.

Diese Art Leuchtturmpolitik führt weniger zu nachhaltigem Mehr an Wissen, sondern schürt vielmehr eher die Konkurrenz, wie ein Disput unter Usern auf spiegel.de zeigt. Hier beklagt sich brotfresser, die DFG interessiere sich weniger für Geisteswissenschaften als für die »potenzielle wissenschaftliche Vermarktung der Naturwissenschaften«. ungläubig weist diese Behauptung zurück. Es seien viele Geisteswissenschaften dabei, er fragt sich allerdings, wofür »Forschung zu Manuskriptkulturen oder zu asymmetrischen Abhängigkeiten in Gesellschaften mit Sklaverei« gebraucht werde.

Wie engspurig das Konzept ist, zeigt der Kommentar des Lesers romanpgs, der an einer Elite-Uni studiert. Offensichtlich profitieren einfache Studierende von der Förderung nicht. »Es kann doch nicht sein, dass der Forschung an meiner Uni über den Zeitraum der letzten Förderung ein dreistelliger Millionenbetrag zugeschossen wurde, im selben Zeitraum aber die Anzahl an Tutoren abgebaut werden musste, weil dafür keine Mittel mehr da waren.«

Akkon erwähnt einen Aspekt, der die Folgen politisch selektiven Denken versinnbildlicht. Die TU-Dresden zählt zu den Auserwählten, hat aber marode Gebäude zu beklagen, für die der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement zuständig ist. Im Klartext: Die Universität bekommt Geld für exzellente Forschung, aber nicht für die Instandhaltung der Räume. »Zur Not kann man ja wieder Zelte oder Container für Büros, Unterrichtsräume und Mensen aufstellen, weil der über 100 Jahre alte Putz von der Decke fällt und man einsieht, dass Studieren und Arbeiten unter Lebensgefahr eben doch etwas unangemessen ist«, schreibt Akkon. Lena Tietgen

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -