Mühsame Verhandlungen in Gaza
Sieben Tote bei Demonstrationen am Grenzzaun - Gespräche über Ende der Blockade bislang ergebnislos
Gut 14 000 Palästinenser demonstrierten am Freitag am Grenzzaun des Gazastreifens. Bereits seit dem Frühjahr rufen palästinensische Organisationen zu solchen Protesten auf. Und auch dieses Mal eröffnete Israels Militär das Feuer auf Personen, die dem Zaun zu nahe kamen. Sieben Menschen starben. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Todesopfer seit dem Frühjahr 2018 auf mehr als 200.
Doch es gibt auch positive Entwicklungen zu vermelden: Seit der vergangenen Woche wird wieder Treibstoff für das einzige Elektrizitätswerk in dem dicht bevölkerten Landstrich geliefert; finanziert wird dies - mit Zustimmung der israelischen Seite - von der Regierung Katars, die auch 150 Millionen US-Dollar für dringende Reparaturen an der maroden Infrastruktur zur Verfügung gestellt hat, sehr zum Missfallen der palästinensischen Regierung in Ramallah.
Dort fühlt man sich vom UNO-Sondergesandten Nikolaj Mladenow hintergegangen: Dieser hatte die Vereinbarung ausgehandelt. Damit habe er seine Kompetenzen überschritten, kritisiert nun Regierungschef Rami Hamdallah und forderte in einem Schreiben an die Vereinten Nationen die Absetzung Mladenows.
Seit Ende des vergangenen Jahres weigert sich die palästinensische Regierung, für Strom- und Treibstofflieferungen aufzukommen, die fast ausschließlich über israelische Versorgungsunternehmen abgewickelt werden. Außerdem erheben palästinensische Beamte an den Übergängen nun Zölle und Umsatzsteuern. Damit will man die Hamas unter Druck setzen, die Kontrolle über den Gazastreifen an die offizielle Regierung in Ramallah abzugeben.
Doch eine Vielzahl von Einigungsversuchen ist in den vergangenen Jahren gescheitert. Die das Regierungsbündnis dominierende Fatah und ihre Beamten spielen schon seit mehr als zehn Jahren keine Rolle mehr in Gaza. Dort ist stattdessen ein eigenständiges Politik-, Rechts- und Verwaltungssystem entstanden.
Schon seit Monaten verhandeln Israel und die Hamas nun unter Vermittlung Ägyptens und der Vereinten Nationen über eine Lockerung der Blockade und einen langfristigen Waffenstillstand.
Denn in einer Sache sind sich alle Beteiligten einig: Die Kriegsgefahr war in den vergangen Jahren nie so groß wie in diesen Tagen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Lebensbedingungen in Gaza sich derzeit in rasantem Tempo verschlechtern.
»Das nächste Mal wird Israel Gaza besetzen müssen,« sagte Jahya Sinwar, seit 2017 Gaza-Chef der Hamas in einem vielbeachteten Interview, das in der israelischen Zeitung »Jedioth Ahronoth« veröffentlicht wurde. Seine Kernaussage lautet: »Ruhe für Ruhe und ein Ende der Blockade«. In Israel wurde daraufhin vielfach die Hoffnung geäußert, dass man möglicherweise ausgerechnet im Hardliner Sinwar, der in den Kampfgruppen der Hamas Karriere machte, einen Gesprächspartner gefunden haben könnte.
Doch die Gespräche sind mühsam, weil viele Detailfragen zu klären sind. Und auch, weil die ägyptische Regierung die Verhandlungen immer wieder unterbricht, um nochmals zu versuchen, die innerpalästinensischen Konflikte zu beenden - bisher vergeblich. Die Regierung in Ramallah steht bei den Gaza-Gesprächen indes mittlerweile am Rand. Auf die Forderung nach einer Absetzung Mladenows wurde bis jetzt gar nicht erst reagiert.
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