Fast so teuer wie Hamburgs Philharmonie

Schleusenerweiterung bei Brunsbüttel verzögert sich

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die betagte Schleusenanlage in Brunsbüttel am Nord-Ostsee-Kanal bekommt eine dringend benötigte fünfte Kammer. Die entsprechende Baumaßnahme läuft finanziell jedoch aus dem Ruder. Nun drückte auch der Bundesrechnungshof seine Sorge darüber aus.

Zur Notwendigkeit einer fünften Kammer besteht parteiübergreifend Konsens. Doch die Kostenexplosion auf der größten Wasserbaustelle Europas liefert Diskussionsstoff, zumal die Fertigstellung sich gegenüber den ersten Planungen um mindestens vier Jahre und somit bis 2024 verzögern soll. Als Bauträger fungiert für das Bundesverkehrsministerium die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung. Jetzt häufen sich Stimmen, die meinen, dort fehle es an der nötigen Kompetenz.

Mit der neuen Schleuse soll der Schiffsverkehr durch den Kanal reibungsloser verlaufen. Immer wieder war es in der jüngeren Vergangenheit zu Verzögerungen gekommen, weil die über 100 Jahre alten Anlagen häufig für punktuelle Reparaturen gesperrt werden mussten.

Eine erste Kostenkalkulation im Jahr 2011 ergab noch 240 Millionen Euro für den Bau einer fünften Kammer in der Anlage Brunsbüttel. Dann war von 540 Millionen Euro die Rede, nun sind es 800 Millionen Euro. Da es keinen Festpreis gibt, vermag niemand abzuschätzen, ob das alles ist - oder man am Ende noch Hamburgs Elbphilharmonie in den Schatten stellt. Deren Bau verschlang schlussendlich 866 Millionen Euro.

Zur Erklärung werden etliche Gründe angeführt - angefangen von einem größeren Materialbedarf über überraschend umfangreiche Munitions- und Kampfmittelräumungen bis hin zu Problemen mit dem Baugrund und einer Fundamentverankerung. In einem Bericht des Verkehrsministeriums an den Haushaltsausschuss ist auch von »erheblichen Konflikten« mit dem Generalunternehmen die Rede. Längst ist ein Rechtsstreit über Nachforderungen von beteiligten Firmen entbrannt, der die im April 2015 gestarteten Arbeiten ebenfalls in die Länge zieht.

Schleswig-Holsteins FDP verbindet die Probleme und die Verantwortung dafür unmittelbar mit der Spitze im Bundesverkehrsministerium. Christopher Vogt, FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag, wird da ganz deutlich in Richtung von Minister Andreas Scheuer und dessen Vorgänger Alexander Dobrindt - beide CSU. »Es rächt sich für den Norden erneut, dass das Bundesverkehrsministerium immer wieder als Beruhigungspille an die CSU gegeben wird«, erklärte Vogt. Seitens der Grünen und der SPD ist mit Blick auf die Bundesbehörde von Missmanagement die Rede. Der Bundesrechnungshof hat das Ministerium in Berlin aufgefordert, bis Ende März 2019 einen Bericht zum aktuellen Stand und zu den Prognosen für das Bauprojekt vorzulegen.

Bei der Lotsenbrüderschaft des Nord-Ostsee-Kanals sorgt man sich, dass sich die Verzögerungen an der Schleuse negativ auf die Kanalnutzung auswirken. Wartezeiten vor Brunsbüttels Schleusen und eine dadurch längere Kanalpassage könnten, so die Befürchtung, Reedereien veranlassen, den Wasserweg um Dänemark herum vorzuziehen. Auch eine generelle Abwendung vom Gütertransport über das Wasser, so die Lotsen, könne die Folge sein.

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