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Flucht vor Korruption, Armut und Gewalt
Experten machen politisches Versagen für Exodus aus Zentralamerika verantwortlich
Die »Caravana de Migrantes« ist weiter auf dem Weg durch Mexiko Richtung Norden. Als Reaktion will US- Präsident Donald Trump den zentralamerikanischen Herkunftsländern die Wirtschafts- und Entwicklungshilfe streichen. Doch laut Experten sind gerade diese angeblichen »Hilfen« ein Grund dafür, dass die Menschen aus Guatemala und Honduras fliehen.
Die Bilder gehen seit Tagen um die Welt: Tausende zentralamerika- nische Flüchtlinge ziehen durch Mexiko in Richtung USA. Menschen, die vor Gewalt und Korruption fliehen, wie die zahllosen internationalen Medien vor Ort mit Dutzenden Interviews berichtet haben.
Für US-Präsident Donald Trump ist das Thema kurz vor den Kongresswahlen Wasser auf die Wahlkampfmühlen, um seine Anhängerschaft zu mobilisieren. Er schickt nicht nur die Armee zur Grenzsicherung und will das Geburtsrecht, nach dem jedes auf dem Boden der USA geborene Kind automatisch die Staatsbürgerschaft erhält, abschaffen. Den Herkunftsländern droht er mit dem Entzug der Wirtschaftshilfe, da die Regierungen Honduras, Guatemalas und El Salvadors nichts täten, um die Menschen an der Migration zu hindern. Dabei hatten die USA und die drei Länder dieses sogenannten »nördlichen Dreiecks«, nachdem 2014 Zehntausende unbegleitete Minderjährige an der US-mexikanischen Grenze aufgegriffen worden waren, die milliardenschwere Allianz für den Wohlstand beschlossen. Deren Ziel: Die Sicherheitslage verbessern und Wirtschaftswachstum ankurbeln, damit weniger Menschen fliehen müssen - oder können. Der Effekt ist - offensichtlich - gleich Null.
Das liegt nicht nur daran, dass niemand so recht weiß, wohin genau die Mittel geflossen sind. Wilson Romero, Wirtschaftsprofessor von der renommierten jesuitischen Universität Landivar in Guatemala-Stadt, kritisiert die simple Wachstumslogik, die dem Programm inne wohne: Wachstum sei zwar wichtig, aber das wahre Problem sei die ungeheure Ungleichheit, die Ausgrenzung großer Bevölkerungsteile, und daraus folgend die Armut und das Anschwellen der Kriminalität. Wer dagegen nichts unternehme, werde sehen, dass Armut und Gewalt trotz Wirtschaftswachstums weiter zunähmen, und damit der Exodus aus dem nördlichen Dreieck. Die Staaten müssten vielmehr wieder eine Gestaltungsrolle übernehmen, gezielt alle Regionen des Landes entwickeln und nicht nur einseitig ein Rohstoffexportmodell fördern, das nur einer kleinen Elite im Land nütze. Nayar López, Politologe vom Zentrum für Lateinamerikastudien an der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko, meint, weder den USA noch den rechten und korrupten Regierungen Guatemalas und Honduras läge es an einer Entwicklung Zentralamerikas. Man wolle die Länder in einem Abhängigkeitsverhältnis halten, die Macht der traditionellen Eliten erhalten und Flucht und Migration allenfalls durch eine Militarisierung der Grenzen eindämmen.
Dazu passt, dass von Donald Trump keinerlei Kritik an antidemokratischen Praktiken und mangelhaften Einsatz gegen die Korruption kommt. Dass sich in Honduras Präsident Juan Orlando Hernández im letzten Jahr zunächst entgegen der Verfassung ein weiteres Mal zur Wahl stellte und sich dann, trotz massiver Manipulationsvorwürfe, auch zum Sieger ausriefen ließ, blieb ebenso folgenlos wie die derzeitigen Versuche von Guatemalas Präsident Jimmy Morales, die seit zehn Jahren überaus erfolgreich arbeitende CICIG, die UN-Kommission gegen Korruption und Straffreiheit, aus dem Land zu jagen. Wer Zentralamerika kennt, wer beobachten konnte, wie schamlos in Guatemala oder Honduras die öffentlichen Kassen ausgeplündert werden, wie egal dort der Politik die Menschen sind, wie lebensbedrohlich die Gewalt für immer mehr Menschen ist, der ist, wie Mauro Verzeletti, Leiter der guatemaltekischen Flüchtlingsherberge »Casa del Migrante«, davon überzeugt, dass sich die Menschen nicht davon abhalten lassen werden, ihr Heil in der Flucht zu suchen: »Seit den Friedensverträgen vor 20 Jahren ist es das erste Mal, dass wir eine so massive Fluchtbewegung sehen und betreuen.« Das sei eine Demonstration, dass der Exodus aus Zentralamerika von nun an massiv sein werde.
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