Werbung

Seehofer will Parteivorsitz abgeben

Bayerischer Ministerpräsident Söder aussichtsreicher Kandidat auf Nachfolge / Grüne fordern sofortigen Rücktritt als Bundesinnenminister

  • Lesedauer: 3 Min.

München. CSU-Chef Horst Seehofer will im kommenden Jahr vom Parteivorsitz und als Bundesinnenminister zurücktreten. Einen Monat nach den herben Stimmverlusten für die Christsozialen bei der Landtagswahl in Bayern kündigte Seehofer am Sonntag bei einem Treffen der engsten Parteiführung seinen Rückzug von beiden Ämtern an, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Parteikreisen erfuhr. »2019 wird das Jahr der Erneuerung für die CSU«, sagte er laut Teilnehmern.

Einen genauen Zeitplan für seinen Rückzug ließ Seehofer allerdings offen. Erwartet werde laut Teilnehmern des Treffens, dass er für Januar, spätestens für Februar, einen Sonderparteitag zur Neuwahl des Parteichefs einberuft. Zuvor hatten CSU-Vertreter solch einen Parteitag bereits für Dezember verlangt. Der Spitzenrunde zufolge gab es bei dem Treffen großen Druck auf Seehofer, sich zu seiner Zukunft zu erklären. Er wollte dies demnach zunächst nicht und verwies auf seine für die Zeit nach der Bildung des bayerischen Kabinetts angekündigte persönliche Erklärung.

Unklar ist auch, zu welchem Zeitpunkt er sich als Bundesinnenminister zurückziehen will. Den Teilnehmern zufolge machte Seehofer hier keine direkten Angaben. Er sagte demnach, solche Ämter seien ohne Parteivorsitz nicht lange zu halten - dies werde auch Bundeskanzlerin Angela Merkel noch merken. Merkel will als CDU-Chefin im Dezember abtreten, aber bis Ende der Legislaturperiode 2021 Bundeskanzlerin bleiben.

Seehofer wird parteiintern für die massiven CSU-Verluste bei der Landtagswahl am 14. Oktober verantwortlich gemacht. Bei dem Urnengang erhielten die Christsozialen 37,2 Prozent. Angelastet wird ihm unter anderem der massive Streit mit der Schwesterpartei CDU über die Flüchtlingspolitik im Frühjahr und seine schnell wieder zurückgezogene Rücktrittsandrohung Anfang Juli. Nach dem Streit und dieser Androhung waren die Umfragewerte der CSU abgefallen.

Nach Bekanntwerden der Rückzugspläne rief Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt Seehofer zum sofortigen Rücktritt als Bundesinnenminister auf. »Wenn es um die Innere Sicherheit in unserem Land geht, darf es keine weitere Hängepartie geben«, sagte sie dem »Tagesspiegel«. »Jeder Tag, den Horst Seehofer weiter Innenminister bleibt, ist ein Tag zu viel.« Grünen-Chef Robert Habeck hat dem CSU-Politiker indes die Befähigung zum Minister abgesprochen. »Ich halte Seehofer für den Falschen auf dem Posten des Innenministers, das hat er hinlänglich bewiesen über das letzte halbe Jahr«, so Habeck am Montag dem RBB-Sender Radioeins. Gebraucht werde ein Innenminister, »der ein klares rechtsstaatliches Verhältnis und Verständnis hat und nicht den Staat parteipolitisch interpretiert«.

Als aussichtsreichster Nachfolge-Kandidat für den CSU-Chefposten gilt inzwischen der alte und neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Der 51-Jährige würde Seehofer dann schon zum zweiten Mal beerben, nachdem er im März schon den Posten des bayerischen Regierungschefs von ihm übernommen hatte. Eine mögliche Nachfolge-Lösung für das Innenministerium ist noch offen. Agenturen/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.