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- Krieg im Jemen
Entspannungssignal in Südarabien
Bekenntnisse aller Kriegsparteien zu einem politischen Prozess in Jemen
Wann gab es je eine Friedensinitiative Großbritanniens in der arabischen Welt - eine, die diese Bezeichnung auch verdient? Gemeinhin steht Londoner Nahostpolitik für das Gegenteil. Zuletzt beteiligte man sich im April am »Vergeltungsschlag« gegen Syrien nach einer vermeintlichen Giftgas-Attacke der Regierungsarmee. In unrühmlicher Erinnerung dürften vor allem die britische Beteiligung am Bombenkrieg gegen Libyen 2011 und an der Invasion Iraks an der Seite der USA sein.
Jetzt aber legte Großbritannien einen Entwurf für eine UN-Resolution zur Befriedung Jemens vor. Es geht darin zunächst um einen Waffenstillstand bei den Kämpfen um Hodeida. Die Großstadt am Roten Meer ist der wichtigste Seehafen zur Versorgung von Millionen Nordjemeniten mit Hilfsgütern, die im Herrschaftsbereich der Huthi leben, dem momentan dominierenden Stamm im Nordteil Jemens. Die Huthi werden im politischen Sprachgebrauch zumeist als Rebellen bezeichnet, was darauf hinweisen soll, dass ihre Machtübernahme in der Hauptstadt Sanaa international nicht akzeptiert wird. Real aber sind sie seit 2015 die Regierung.
Der vor dieser Zeit als Präsident amtierende Abed Rabbo Mansur Hadi floh 2015 vor den Huthi nach Saudi-Arabien, das seitdem mit einem erbarmungslosen Bombenkrieg versucht, Hadi wieder zur Macht zu verhalfen, um über ihn seinen Einfluss in Jemen zu sichern. Die Einnahme Hodeidas durch Saudi-Arabiens sogenannte Militärkoalition wäre ein vernichtender Schlag gegen die Huthi gewesen. Doch dazu ist es trotz monatelanger Angriffe bisher nicht gekommen und wird es demnächst wohl auch nicht, wenn die Kämpfe jetzt eingestellt werden sollten.
Die britische Regierung bemüht sich offenbar ernsthaft darum, auf internationaler Ebene den Druck auf die Kriegsparteien dahingehend zu erhöhen. Der Londoner Resolutionsentwurf sieht eine sofortige Waffenruhe in und um Hodeida vor. Die Kriegsparteien werden außerdem dazu aufgerufen, binnen zwei Wochen die Hürden für humanitäre Lieferungen zu beseitigen. Diese Aufforderung des britischen Außenministers Jeremy Hunt richtet sich an Saudi-Arabiens König Salman, ohne diesen ausdrücklich beim Namen zu nennen, sind es doch die Saudis, die bisher versuchten, die »Rebellen« und ihr Hinterland auszuhungern.
Letztere stimmten gestern zu, an einer Friedenskonferenz Anfang Dezember in Stockholm teilzunehmen. Zwei Gründe mögen dafür ausschlaggebend gewesen sein. Erstens sind ihre Verbände nach fünf Jahren Auseinandersetzungen und zuletzt einigen Verlusten kriegsmüde. Zweitens ist Huthi-Chef Mohammed Ali al-Huthi wohl angedeutet worden, dass es diesmal tatsächlich um Verhandlungen geben soll und nicht nur um Modalitäten seiner Kapitulation wie bei früheren Gesprächsrunden unter Leitung des UN-Vermittlers Ismail Ould Sheikh Ahmed aus Mauretanien.
Der aktuelle Vermittler, der Brite Martin Griffiths, scheint entschlossener zu agieren. Gegen den offen geäußerte Unwillen Saudi-Arabiens scheint er auch Iran in eine Jemen-Lösung einbeziehen zu wollen, das einzige Land der Region, welches auf Seiten der Huthi agiert, freilich ohne einen einzigen Luftangriff.
Auch Saudi-Arabien erklärte sich für die Stockholm-Gespräche, allerdings kaum, wie Salman am Montag bei einer Rede in Riad behauptete, weil man »weiterhin eine politische Lösung in dem Konflikt unterstützt«. Das haben der König und sein kriegswütiger Kronprinz nie getan. Allerdings sind sie auf Grund der weltweiten Proteste nach der von ihnen befohlenen Ermordung an Regime-Kritiker Jamal Khashoggi derzeit etwas kleinlaut.
Trotz allem aber wurde am Dienstag weiter gekämpft in Jemen. Zudem habe es Artilleriebeschuss und Luftangriffe Saudi-Arabiens gegeben.
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