Ein Feiertag als Maulkorb

Samuela Nickel über einen freien Frauentag

  • Samuela Nickel
  • Lesedauer: 2 Min.

Verwaiste Bürostühle, geschlossene Kassen, ungemachte Betten und leere Kochtöpfe sollen am 8. März 2019 das Bild prägen: Denn die Frauen sind in den Streik getreten. Das bundesweite Bündnis Frauen*streik ruft für das kommende Jahr dazu auf, sich am Frauentag querzustellen, um das patriarchale und kapitalistische System lahmzulegen.

Das Bündnis fordert unter anderem die Abschaffung der Abtreibungsparagrafen 218 und 219a, Arbeitszeitverkürzung und gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Auch Gewerkschaften sollen zur Arbeitsniederlegung aufrufen. Ausgerechnet jetzt haben sich SPD, Links- und Grünenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus dafür ausgesprochen, in der Hauptstadt als erstem Bundesland den 8. März zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Und das schon im kommenden Jahr.

Auch wenn ein weiterer arbeitsfreier Tag immer gut ist, wirkt diese Wahl für Berlins neuen Feiertag wie ein schlechter Scherz: Es ist eine leere Geste, die Forderungen der Frauen werden so übergangen. Der gesetzliche Feiertag könnte den Kampftag zahnlos machen, wie es auch mit dem 1. Mai schon geschehen ist. Streiken am Feiertag ist witzlos.

Aber: In Spanien, Argentinien, Italien, Brasilien und weiteren Ländern streiken Frauen und Verbündete schon lange am 8. März - nicht nur bei der Lohnarbeit, sondern auch im privaten Bereich. Dadurch stellen sie die ungerechte Verteilung bei Sorgearbeiten wie Kindererziehung, im Haushalt und in der Pflege bloß.

Der politische Streik verbindet feministische und antikapitalistische Kämpfe. Wenn in Berlin der Frauentag künftig ohne Lohnarbeit verbracht wird, heißt das noch lange nicht, dass Frauen an diesem Tag nicht arbeiten - oder in dieser Woche nicht streiken werden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.