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Siegfahrer und Helfer zugleich
Radprofi Roger Kluge über den wichtigen Weltcup in Berlin und Starts im Sommer und Winter
neues deutschland: Sie treten ab diesem Freitag beim Weltcup in Berlin mit Weltmeisterpartner Theo Reinhardt an. Welche Bedeutung hat das Rennen für Sie?
Roger Kluge: Wenn ich die Chance erhalte, vor eigenem Publikum ein Weltcuprennen zu bestreiten, will ich die Gelegenheit natürlich nutzen. Außerdem gewinnt der Weltcup an Wichtigkeit, weil hier Qualifikationspunkte für die Olympischen Spiele 2020 verteilt werden. Das Madison gehört in Tokio wieder zum Programm, nachdem es 2016 in Rio gestrichen worden war.
Ab diesem Freitag trifft sich die Elite des Bahnradsports mit 350 Sportlern aus 40 Nationen zu den Weltcuprennen im Velodrom. Roger Kluge kommt auch zur Rundenjagd in die Hauptstadt - um Qualifikationspunkte für Olympia 2020 zu sammeln. Manfred Hönel sprach mit dem 32-jährigen Eisenhüttenstädter über dessen Antrieb, sowohl im Sommer auf der Straße als auch im Winter auf der Bahn zu fahren.
Welche Bahndisziplinen werden Sie im Weltcup fahren?
Ich bin für Madison vorgesehen. Der Bundestrainer hat mir gesagt, dass ich vielleicht in der Vierer-Mannschaft eingesetzt werde. Vom Tempo her kann ich da mithalten, aber die Technik, auf Millimeterabstand zu fahren, ist doch ziemlich schwierig.
Wie haben Sie sich auf den Weltcup vorbereitet?
Mitte November bestritten wir ein Sechstagerennen in Gent und wurden Vierte. Davor fuhren wir bei den Sixdays von London auf den dritten Rang. In den vergangenen Tagen drehte ich einige Runden in Frankfurt (Oder) auf der Bahn. Mein Straßentraining habe ich da mehr zur Erholung eingefügt.
Sie gehören zu den wenigen Profis, die sowohl im Sommer als auch im Winter aktiv sind. Was treibt Sie ständig an?
Die Olympischen Spiele. Ich bereite mich jetzt schon auf die Spiele 2020 vor. Vielleicht habe ich die Form, um im Madison, im Omnium und in der Mannschaftsverfolgung antreten zu können. Die Bahnwettbewerbe bieten mir seit meiner Jugend die Chance auf Siege, Titel und Medaillen. Auf der Straße bin ich meist Helfer, obwohl mir auch dort ein paar Erfolge geglückt sind.
Sie hatten schon viele verschiedene Partner im Madison, mit Olympiasieger Robert Bartko gewannen Sie das Berliner Sechstagerennen und die EM. Können Sie sich schnell an einen neuen Partner gewöhnen?
Jeder Fahrer hat natürlich seinen Stil. Darauf muss man besonders beim Ablösen achten. Mit Theo Reinhardt gab es keine Probleme. Wir waren sofort aufeinander abgestimmt, als würden wir schon jahrelang eine Mannschaft bilden. Wir würden unseren WM-Titel in Pruszkow im Februar gern verteidigen. Voraussetzung ist allerdings die Freigabe von meinem Team.
Das heißt ab sofort Lotto Soudal. Haben Sie schon mit dem Sportlichen Leiter gesprochen?
Ich fahre ab 1. Januar für das belgische Team und erhalte die gleichen Möglichkeiten wie bei meinem bisherigen Team. Im Sommer konzentriere ich mich auf die Straße und im Herbst dann auf die Bahn.
Bei Lotto fuhren bisher Marcel Sieberg und André Greipel. Beide haben das Team verlassen. Sieberg war Anfahrer für Sprinter Greipel. Welche Rolle übernehmen Sie nun?
Wenn ich die Situation richtig einschätze, werde ich Anfahrer für den australischen Sprinter Caleb Ewan sein. Er hat mich für diese Aufgabe extra zu den Belgiern mitgenommen. Mit dem Duo Sieberg-Greipel wollen wir aber nicht gleich verglichen werden. Die beiden harmonierten traumhaft und fuhren rund 80 Siege ein. Dafür müssen wir ganz schön strampeln.
Im Oktober gewannen Sie noch Straßenrennen in China und mischen jetzt schon wieder auf der Piste mit. Brauchen Sie nie Pausen?
Natürlich mache ich auch Pausen. In diesem Jahr war es der September. Das ist vielleicht nicht so aufgefallen, weil sich damals alle auf die Straßen-WM konzentriert haben.
Sie werden auch beim Berliner Sechstagerennen im Januar starten - unmittelbar nach der Tour Down Under in Australien. Wie verkraften Sie den Zeitunterschied und den Wechsel vom schwereren Straßen- auf den schnellen Bahntritt?
Ich habe diese Wechsel in den vergangenen Jahren mehrfach praktiziert. Natürlich hat man am ersten Tag des Sechstagerennens etwas mit dem Jetlag zu kämpfen. Durch die Anspannung beim Rennen verfliegt die Müdigkeit jedoch schnell. Kurz davor fahre ich ein wenig in Frankfurt (Oder), um mich dort auf den Bahntritt einzutrudeln.
Sie wohnen in Berlin, sind aber in Eisenhüttenstadt geboren, schauen Sie dort noch oft vorbei?
Nicht nur das. Ich halte weiter Verbindung zu meinem ersten Verein in Eisenhüttenstadt und trainiere dort gelegentlich mit Kindern. Bei meinem anderen Ex-Verein Endspurt Cottbus bin ich noch Ehrenmitglied.
Kennen Sie schon Ihre weiteren Einsatzpläne für das nächste Jahr?
Nach dem Sechstagerennen in Berlin bereite ich mich auf die Frühjahrsklassiker vor. Saisonhöhepunkt soll für mich die Tour de France sein, wo ich den Job als Anfahrer erfüllen soll. Es wäre meine dritte Tour.
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