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  • Koalition zwischen LINKE und CDU

»Eine völlig verrückte Schnapsidee«

Heftige Reaktion in Thüringen auf den Brandenburger Vorstoß für eine Koalition zwischen LINKE und CDU

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Worte, die der Thüringer Landesvorsitzende der Jungen Union (JU), Stefan Gruhner, in diesem Fall wählt, sind solche, die er und seine JU-Leute eigentlich nutzen, um den politischen Gegner zu attackieren. Diesmal gelten sie den eigenen Leuten; genau genommen dem Vorsitzenden der CDU in Brandenburg, Ingo Senftleben. Der, sagt Gruhner, habe »eine völlig verrückte Schnapsidee« öffentlich gemacht. Wer das wolle, was Senftleben jedenfalls nicht ausgeschlossen hat, der »legt die Axt an die Grundüberzeugungen der CDU an«. Was Senftleben wolle, so Gruhner, schaffe »eine neue nationale Front«.

Gruhner reagiert mit solch scharfen Worten auf eine Äußerung Senftlebens vor Journalisten in Potsdam, in der dieser eine Koalition zwischen CDU und LINKEN nach der Landtagswahl in Brandenburg dieses Jahr nicht ausgeschlossen hatte. In seinem Bundesland, sagte Senftleben, sei ein »vernünftiger Neuanfang« nötig.

Laut Medienberichten blieb Senftleben in seinen Aussagen nicht mal vage - ein Grund dafür, dass seine Worte mehr sein dürften als eine Meinungsäußerung, die im Weihnachtsloch Jahr für Jahr auftauchen und dann wieder verschwinden. Die CDU in Brandenburg sei dafür, »die politische Farbenlehre zu erweitern und über Grenzen hinweg zu denken«, sagte Senftleben - während er klarmachte, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD nach der Landtagswahl für ihn nicht infrage kommt, auch wenn er Koalitionsgespräche mit Parteien zu führen gedenke, die in das Parlament gewählt werden. Immerhin habe Brandenburgs CDU die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel immer unterstützt, und er selbst sei in der CDU aktiv, weil er als Christ seinen Glauben leben wolle. »Dazu zählt für mich, Nächstenliebe, Toleranz und Vielfalt zu akzeptieren«, wird Senftleben vom »Tagesspiegel« zitiert. Diese Werte würden sich in einer Koalition mit den Rechtspopulisten nie durchsetzen lassen. Zwischen der LINKEN und der CDU gebe es große inhaltliche Differenzen, so Senftleben, fügte laut »Tagesspiegel« jedoch hinzu: »Fakt ist aber auch, dass ich in 18 Jahren die Erfahrung gemacht habe, dass die Zusammenarbeit mit der LINKEN - bei allen Widersprüchen - in der Regel funktioniert.« Dazu brauche man nicht mal Protokolle. »Eine Absprache ist eine Absprache.«

In Brandenburg hatte es vor Kurzem auch aus den Reihen der LINKEN Signale gegeben, nach denen die Partei eine Zusammenarbeit mit der Union in dem Bundesland nicht völlig ausschließt - was auf den anderen Grund verweist, aus dem Senflebens Aussage ziemlich ernst zu nehmen ist: Tatsächlich nämlich ist die AfD im Osten Deutschlands laut Wahlumfragen seit vielen Monaten schon so konstant stark, dass in allen Bundesländern, in denen nächstes Jahr gewählt wird, eine Situation eintreten könnte, in denen nur eine Koalition von CDU und LINKEN möglich sein könne; wenn keine andere Partei mit der AfD in einer Regierung zusammenarbeiten will. 2019 werden die Landtage in Brandenburg, Sachsen und Thüringen neu gewählt. Die AfD liegt in der Wählergunst in allen drei Ländern seit Monaten zwischen etwa 20 und 25 Prozent.

Dass Gruhner auf die Worte Senftlebens so heftig reagiert, liegt vor allem daran, dass die Thüringer CDU im begonnenen Landtagswahlkampf versucht, sich klar von der AfD und den LINKEN abzugrenzen. Spitzenvertreter der Union in Thüringen lassen seit Monaten keine Gelegenheit aus, die Unterschiede zwischen den beiden Parteien zu betonen und deutlich zu machen, dass die Thüringer Landtagswahl 2019 aus ihrer Sicht eine gesellschaftliche Richtungswahl wird. Entweder, so ihre Botschaft, geht der Freistaat weiter nach links. Vor allem, wenn unter Führung der LINKEN Rot-Rot-Grün fortgesetzt wird. Oder der Freistaat schlägt für die nächsten vier Jahre einen bürgerlichen Weg ein - mit Hilfe eines Bündnisses, in dem die CDU wieder die Führungsrolle übernimmt. Den LINKEN in Thüringen ist das nicht Unrecht, denn auch dort sieht man die Landtagswahl im nächsten Jahr als eine, bei der die Gesellschaft an einer Weggabelung steht.

Nicht zufällig sagt Gruhner in seiner Reaktion auf Senfleben, zum Parteienwettbewerb im Osten gehöre der Gegensatz von CDU und LINKE. »Die LINKE ist und bleibt ein rotes Tuch für die CDU.« Dann wird er fast theatralisch: »Eine Koalition aus CDU und LINKEN wäre ein absoluter Tabubruch und würde die Union innerlich zerreißen.«

Dass erst im Sommer Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und CDU-Mann Daniel Günther eine Diskussion über eine Koalition aus CDU und LINKEN auf Länderebene angestoßen hatte, darf aber als Ausweis dafür gelten, dass solche Gedankenspiele in den nächsten Monaten eher häufiger als seltener werden dürften.

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