• Brandenburg
  • Volksinitiative »Straßenausbaubeiträge abschaffen!

Schub für die Volksinitiative

108.333 Unterschriften gegen die Straßenausbaubeiträge im Landtag abgegeben

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 4 Min.

Mit insgesamt 108.333 Unterstützerstimmen ist die Volksinitiative »Straßenausbaubeiträge abschaffen!« die erfolgreichste, die es jemals in Brandenburg gegeben hat. Bei der Übergabe am Dienstag im Landtag triumphierten die Initiatoren auch angesichts des Einlenkens der Regierungsparteien SPD und LINKE.

»Sollen wir die Schubkarre wieder mitnehmen, Frau Präsidentin?« Die Vertreter der Volksinitiative für die Abschaffung von Straßenausbaugebühren in Brandenburg waren gut gelaunt, als sie in der Lobby des Parlamentsgebäudes die große Zahl ihrer dicken Aktenordner an Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) übergeben hatten. Die nahm das Schubkarren-Angebot aber nicht an, sondern bat nur darum, die dicken Ordner auf einem Tisch zu stapeln.

Der Initiator der Aktion, der Landtagsabgeordnete Pèter Vida (Freie Wähler), wies darauf hin, dass es im Land Brandenburg »noch niemals« eine Volksinitiative gegeben habe, die innerhalb weniger Monate eine solch große Zahl von Unterstützern zusammengebracht habe. In nicht einmal zehn Wochen sei das Fünffache der erforderlichen Stimmenzahl erreicht worden. Ein solches Ergebnis habe auch er selbst nicht erwartet, für das Wahljahr 2019 stimme ihn das außerordentlich positiv.

Vida verwies auf die »Wucht«, mit der Bürger auf diesem Wege bekundet hätten, dass Straßen als Güter der Allgemeinheit zu betrachten seien und mit ihrem Ausbau nicht die Menschen belastet werden dürften, »die zufällig an ihnen wohnen«. Theoretisch betroffen sei jeder dritte Einwohner Brandenburgs. Er zeigte sich sicher, dass eine Abschaffung der Gebühren dem sozialen Frieden dienen werde. Kosten würden gerecht verteilt, das Prinzip der Sparsamkeit gestärkt, die Akzeptanz von Straßenausbaumaßnahmen gesichert.

Das Argument, dass neues Unrecht entstehe, wenn nun Menschen von Abgaben befreit würden, die früher entrichtet werden mussten, lenkte Vìda gegen SPD und LINKE. Seit er im Parlament sitze, habe er gegen die Straßenausbaubeiträge gekämpft, entsprechende Anträge seien von den Koalitionsfraktionen »mit Hohn und Spott abgelehnt« worden. Die Behauptung des Städte- und Gemeindebundes, der Ausbau koste insgesamt 2,8 Milliarden Euro, wies Vida als »Sience-Fiction-Zahl« zurück. Es gehe um 15 Millionen Euro jährlich, vielleicht 20 Millionen Euro, mithin um weniger als 0,2 Prozent des Landeshaushalts. Mit Blick auf einen juristischen Prüfungsauftrag, dessen Ergebnis noch aussteht, sagte Vida: »Ich erwarte, dass der parlamentarische Beratungsdienst nicht falschspielt.«

Für die Volksinitiative sagte Renate Detsch aus Schönefeld, man fühle sich von der Regierung ignoriert, vernachlässigt und ausgebeutet. Sie sprach von der Unverfrorenheit, dass in jüngster Zeit noch rasch Bescheide verschickt werden, um noch an das Geld der Leute zu kommen. Detsch äußerte ihre Erwartung, dass dies zurückgenommen werde.

Norbert Langerwisch aus Brandenburg/Havel wies darauf hin, dass die rot-rote Landesregierung nicht das erste Mal nachgeben musste, wenn die Volksinitiative als »schärfste Waffe« durch Bürger eingesetzt worden sei. »Dann knicken sie ein.«

»Die Leute sind uns hinterhergelaufen, um die Formulare für die Abstimmung zu bekommen«, schilderte Thomas Richter aus Prenzlau das Sammeln der Unterschriften.

Die Abschaffung der Beiträge werde Einfluss auf die Ausbauvarianten nehmen und verhindern, »dass Luxusausbau stattfindet, wo er gar nicht nötig ist«, zeigte sich Matthias Steffke aus Blankenfelde-Mahlow sicher.

»Wir erarbeiten ein fachliches Konzept zur Abschaffung der Straßenausbaugebühren«, versicherte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. Möglich werde dies auch deshalb, weil »der Koalitionspartner sich inzwischen anders verhält als bislang«. Die abstrichlose Annahme der Volksinitiative nannte er »eine Option«.

Er könne sich immer noch nicht vorstellen, dass das Land die Beiträge vollständig übernimmt, sagte Linksfraktionschef Christoffers, doch weise die »Breite der Volksinitiative« auf einen Sachverhalt, der »gelöst werden muss«, und darauf, dass »Veränderung nötig ist«. Jede Stichtagsregelung werde neues Unrecht mit sich bringen, ahnt Christoffers.

Jetzt werden die Unterschriften überprüft. Sollten mehr als 20 000 Unterschriften gültig sein, wovon auszugehen ist, dann hat der Landtag vier Monate Zeit, sich dem Anliegen zu widmen. Lehnt er die Volksinitiative ab, kann es als nächste Stufe ein Volksbegehren geben, später auch einen Volksentscheid.

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