Neues Gesicht der Rechten

Der Nachwuchspolitiker Juan Guaidó versucht, die seit langem zerstrittene Opposition gegen Präsident Maduro hinter sich zu versammeln

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Für Venezuelas Präsident Nicolás Maduro war Oppositionsführer Juan Guaidó lediglich ein »Junge, der Politik spielt«. Doch der 35-jährige Parlamentspräsident bietet dem linksnationalistischen Staatschef die Stirn: Innerhalb weniger Wochen wurde Guaidó zum neuen Gesicht der geschwächten und gespaltenen Opposition in dem südamerikanischen Land und startete einen offenen Machtkampf mit Maduro. Am Mittwoch erklärte er sich vor Anhängern in Caracas zum amtierenden Präsidenten.

Anfang Januar wurde der hochgewachsene Abgeordnete der rechten Oppositionspartei Voluntad Popular (Volkswille) dann zum Präsidenten der von der Opposition dominierten und von Maduro entmachteten Nationalversammlung gewählt. Praktisch über Nacht trat er die Nachfolge von vorherigen Oppositionsführern wie Leopoldo López und Freddy Guevara an: López sitzt im Hausarrest, Guevara hat sich in die chilenische Botschaft in Caracas geflüchtet.

Guaidó zeigt jedoch keine Angst: »Ich bin ein Überlebender, kein Opfer«, sagt der verheiratete Vater einer Tochter über eine Unwetterkatastrophe in seinem Heimatstaat Vargas im Dezember 1999 mit Tausenden Toten. Auch Guaidó, seine Mutter und seine Geschwister waren betroffen. »Ich weiß, was es heißt, hungrig zu sein«, versichert Guaidó auch mit Blick auf die verheerende Wirtschaftslage in seinem Land.

»Ich schwöre, offiziell die nationale Exekutivgewalt als amtierender Präsident von Venezuela zu übernehmen, um die Usurpation zu beenden, eine Übergangsregierung (einzusetzen) und freie Wahlen abzuhalten«, verkündete er jetzt. Die von der Opposition kontrollierte Nationalversammlung hatte er dazu gebracht, Präsident Nicolás Maduro wegen seiner umstrittenen Wiederwahl im Mai offiziell als »Usurpator« zu bezeichnen und eine Amnestie für aufständische Soldaten zu beschließen.

Der Oberste Gerichtshof hat die Beschlüsse allerdings annulliert. Alle Entscheidungen der Nationalversammlung seien »nichtig«, erklärte das Gericht, das als regierungstreu gilt und die Autorität des Parlaments nicht anerkennt.

Neben der Justiz steht bisher auch die Militärführung hinter Maduro. Guaidó appellierte an die Streitkräfte, sich aktiv an der »Wiederherstellung der Verfassung« in Venezuela zu beteiligen - wohl wissend, dass ein Sturz des linksgerichteten Staatschefs ohne das mächtige Militär nicht möglich wäre.

Zur Politik kam der Wirtschaftsingenieur durch die Studentenproteste gegen Maduros Vorgänger Hugo Chávez 2007. 2015 zog er ins Parlament ein. »Guaidó ist ein neues Gesicht«, sagt der Experte Diego Moya-Campos von der Beratungsfirma IHS Markit. Von Moderaten werde er als »Mann des Konsens« geschätzt. Er genieße aber auch den Respekt radikalerer Oppositioneller, weil er bei den Protesten gegen Chávez dabei gewesen sei. Bislang kein großer Redner, gilt Guaidó jedoch als geschickter Architekt von Bündnissen in der tief zerklüfteten Opposition.

Auch im Ausland hat Guaidó wichtige Unterstützer: Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump stellte sich hinter Guaidó und erkannte ihn am Mittwoch sofort als Interimspräsidenten an. Auch der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, bezeichnete ihn als »Übergangspräsidenten« Venezuelas. Russland, die Türkei und Mexiko halten dagegen zu Maduro.

Für Schlagzeilen sorgte Guaidó Mitte Januar: Auf dem Weg zu einer Veranstaltung wurde er auf der Autobahn von bewaffneten und vermummten Geheimdienstagenten gestoppt. Nach einer Stunde kam er wieder frei, die Bilder von der Festnahme gingen da schon um die Welt. Zwei Tage später bekam er einen Anruf von US-Vizepräsident Mike Pence, der seine »mutige Führungsstärke« lobte.

Maduro zeigte sich zunächst unbeeindruckt und verspottete Guaidó als »Präsidenten der Republik Wikipedia«, weil er in Einträgen in dem Online-Lexikon schon zwischenzeitlich als Präsident bezeichnet worden war. Nach den Massenprotesten vom Mittwoch und der Anerkennung Guaidós als Interimspräsident durch die USA und zahlreiche andere Länder dürfte Maduro das Lachen aber vergangen sein. Der Staatschef bat nun das Militär um Unterstützung. AFP/nd

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