Patzelts Pension

Ulrike Wagener über die Politik einer Seniorprofessur

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.

Am letzten Wochenende sorgte ein bürokratischer Vorgang für Wirbel in den sozialen Netzwerken: Der Politikwissenschaftler Werner Patzelt wird im März 2019 in den Ruhestand versetzt. Nach Agenturmeldungen hieß es zunächst, die TU Dresden »trenne« sich von dem Politikwissenschaftler. Ein Landesvorsitzender der Berliner AfD vermutete dahinter bereits »kommunistische Säuberungen«. Doch Patzelt wird Angehöriger der TU Dresden bleiben. Denn in Deutschland gibt es das sogenannte Professorenprivileg. Das bedeutet, dass Professor*innen - im Unterschied zu anderen Beamt*innen etwa in Schulen, Gerichten oder der Verwaltung - ihren Titel auch nach der Pensionierung ohne Zusatz tragen dürfen. Auch bleiben sie Angehörige der Hochschule und berechtigt, Lehrveranstaltungen abzuhalten, Studierende zu prüfen, Doktorand*innen zu betreuen sowie selbst zu forschen. Allerdings sind dafür seitens der Hochschulen keine finanziellen Mittel vorgesehen. Im Unterschied dazu ermöglicht eine Seniorprofessur, die Ressourcen der Universität weiterhin zu nutzen.

Offenbar war Lutz Hagen, Dekan der TU Dresden, bereits mit dem Politikprofessor im Gespräch über die Ausgestaltung einer Seniorprofessur gewesen. Vorgeschlagen wurde Patzelt dann doch nicht - selbst bewerben könne man sich laut TU nicht - weil er »Politik und Wissenschaft derart vermischt habe, dass dem Ruf der TUD und der Fakultät dadurch geschadet wurde«. Patzelt war 2018 Mitinitiator einer Petition gewesen, in der man Merkel aufforderte, Hetzjagden in Chemnitz zu belegen. Nun bezeichnet es Patzelt auf seinem Blog als »demonstrativen Akt«, das Angebot einer Person »von ausgewiesener Tüchtigkeit« - wie er es ist - abzulehnen. Dort veröffentlichte er auch einen Brief an den Dekan vom Oktober 2018, in dem er detailliert seine Forschungsvorhaben darlegt. Dafür veranschlagt er zwei Mitarbeiter*innen, Dienst- und Projekträume mit EDV-Ausstattung, Sachmittel, Honorare und eine halbe Sekretariatsstelle. Jedoch kein Gehalt - ein »Ehrenamt«, wie Hagen in einem Interview mit dem MDR betont.

Bundesweit gibt es keine einheitliche Regelung zur Seniorprofessur. Und auch in einer kurzen Umfrage durch den Deutschen Hochschulverband bleibt die Charakteristik der Seniorprofessur vage. Gesetzlich geregelt ist sie bislang nur in Thüringen, Schleswig-Holstein und Hamburg. In Hamburg kann demnach eine Person nach Eintritt in den Ruhestand bei »hervorragender Eignung« bis zum 75. Lebensjahr weiterbeschäftigt werden. An der TU Dresden besteht diese Möglichkeit wohl seit 2009. In den letzten drei Jahren erhielten elf der insgesamt 49 pensionierten Professor*innen eine Seniorprofessur.

Individuell kann sie von Universitäten eingerichtet werden, um Grundlagen zu vermitteln oder vorübergehende Personallücken zu schließen. Oft geht es aber darum, wirklich außergewöhnliche Wissenschaftler*innen an der Uni zu halten. Wer als solche*r gilt, entscheiden im besten Fall die Studierenden und andere Angehörige der Universität. Nicht man selbst.

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