- Politik
- Bericht des Wehrbeauftragten
Mehr Sexismus-Fälle bei der Bundeswehr
288 Fälle von Belästigungen und Berührungen von Frauen 2018 gemeldet / Anstieg zum vorvergangenem Jahr um 23 Prozent
Berlin. Bei der Bundeswehr sind 2018 deutlich mehr Sexismus-Fälle gemeldet worden als ein Jahr zuvor. Wie der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), am Dienstag bei der Vorstellung des 60. Jahresberichts in Berlin sagte, hat sich die Zahl der meldepflichtigen Ereignisse wegen des Verdachts auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent erhöht.
Nach seinen Worten wurden im vergangenen Jahr 288 Fälle gemeldet, 2017 waren es 235. Eine Teilerklärung könnte nach Angaben Bartels die »MeToo«-Debatte sein, durch die das Bewusstsein für das Thema sexuelle Belästigung auch in der Bundeswehr gestiegen sei.
Laut Bericht des Wehrbeauftragten handelte es sich bei den von Soldatinnen gemeldeten sexuellen Belästigungen um unsittliche Berührungen zum Beispiel des Gesäßes oder der Brüste. In einem Fall habe ein Stabsgefreiter als Gegenleistung für eine Mitfahrgelegenheit von einer minderjährigen Soldatin Oralsex gefordert. Die Übergriffe seien jeweils mit Disziplinarbußen und strengen Verweisen geahndet worden.
In seinem jährlichen Bericht erfasst der Wehrbeauftragte unter anderem Beschwerden der Soldatinnen und Soldaten und meldepflichtige Ereignisse. Bei meldepflichtigen Ereignissen im Bereich Neonazismus habe die Zahl 2018 bei 170 gelegen, ein Jahr zuvor bei 167 und im Jahr 2016 noch bei 63. Auch dieser Anstieg dürfte nach Meinung Bartels' Folge einer verstärkten Sensibilisierung durch öffentlich diskutierte Vorfälle sein.
Insgesamt machten 2.534 Soldatinnen und Soldaten persönliche Eingaben. Ein Jahr zuvor waren es mit 2.528 etwa genau so viele. Ende 2018 gab es den Angaben zufolge 173.000 Zeit- und Berufssoldaten, 4.000 mehr als ein Jahr zuvor.
Bartels bekräftigte seine Forderung nach ehrenamtlichen Seelsorgern für muslimische Bundeswehrsoldaten, deren Zahl nach Schätzungen bei 1.500 liegt. Die Seelsorger sollten von der Bundeswehr ausgesucht werden, sonst suchten sich die Soldaten selbst jemanden und könnten dabei auch an Fundamentalisten geraten, warnte er.
Laut seinem Bericht gab es 2018 eine Eingabe über die Einschränkung der Glaubens- und Gewissensfreiheit. So habe eine Soldatin muslimischen Glaubens darum gebeten, aus religiösen Gründen ein Kopftuch zur Uniform tragen zu dürfen. Allerdings sei gemäß den Vorgaben der Richtlinie zur Anzugsordnung das Tragen eines Kopftuches zur Uniform unzulässig. In einem anderen Fall habe eine muslimische Soldatin indes geschildert, dass in einer Truppenküche zwei unterschiedlich deklarierte Thermobehälter zur Verfügung gestellt worden seien: Einer mit dem Begriff »Normal« gekennzeichnet, ein weiterer mit dem Wort »Moslem«. epd/nd
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