Lasst die Verrückten frei!

Die Visionen des Filippo Tommaso Marinetti

Man mag sich Filippo Tommaso Marinetti aus heutiger Sicht wohl als einen unsympathischen Menschen vorstellen. Seine Grundhaltung war chauvinistisch, Respekt gegenüber moralischen Überzeugungen schlicht nicht vorhanden. Zudem war er feuriger Mussolini-Anhänger, bis zu seinem Tod im Winter 1944. Man sollte seine Hauptschrift »Manifeste des Futurismus«, 1909 im Pariser »Le Figaro« veröffentlicht, heute dennoch lesen. Denn: Das geistige Programm des 20. Jahrhunderts wäre ohne sie kaum denkbar gewesen.

In ihr wirkt der temperamentvoll-revolutionäre Geist des Aufbegehrens, gegen die Alten, gegen Gefühlskult, gegen überkommene Tradition, gegen das Europa von gestern. Gefeiert wird stattdessen »die Schönheit der Geschwindigkeit«, die Heilskraft durch Industrie und Fordismus, durch Maschinen und Fortschritt - und zwar jedem Subsystem der Gesellschaft: Der neue Tanz soll im Zeichen mechanischer Gebärden stehen. Die Poesie soll mit Adjektiven und ...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.

- Anzeige -
- Anzeige -