SPD: Reformpläne keine Abkehr von Marktwirtschaft

SPD-Vorstand beschließt Sozialstaatsreform / Heftige Kritik von CDU / LINKE begrüßt Pläne der SPD

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Berlin. Die SPD hat Vorwürfe aus der Union zurückgewiesen, sie rüttele mit ihren Plänen zur Reform des Sozialstaats an den Grundfesten der sozialen Marktwirtschaft. »Das ist sicher Quatsch«, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. In den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten hätten sich die Bedingungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt grundlegend geändert. Die SPD richte daher den Blick nach vorn. Mit dem neuen Reformkonzept würden weder die soziale Marktwirtschaft noch sonstige Errungenschaften infrage gestellt. »Es ist eine sinnvolle Fortentwicklung«, sagte Weil.

Der SPD-Vorstand hatte am Sonntag auf Vorschlag der Vorsitzenden Andrea Nahles einstimmig ein Paket für eine Reform des Arbeitsmarkts, eine Abkehr von Hartz IV und für bessere finanzielle Leistungen für Kinder beschlossen und damit das linke Profil der Partei geschärft. Bei der Klausur ging es auch um das von Arbeitsminister Hubertus Heil gepriesene Konzept einer Grundrente für Geringverdiener, die 35 Jahre lang Beiträge gezahlt haben - die Union pocht hier auf Bedürftigkeitsprüfungen.

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Am Montag will der Parteivorstand zum Abschluss der zweitägigen Klausur in Berlin den Europawahlkampf vorbereiten. Die SPD setzt dabei auf Justizministerin Katarina Barley als deutsche Spitzenkandidatin. Als Gast wird EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici erwartet.

Aus der Union kam scharfe Kritik an den Reformideen der SPD. CDU-Vize Thomas Strobl mahnte in der »Rhein-Neckar-Zeitung« (Montag), es gelte der Koalitionsvertrag. »Da ist wenig Platz für einen gruppentherapeutischen Linksruck der SPD«, sagte der Innenminister von Baden-Württemberg. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, genau wie Strobl im CDU Vorstand, hatte der SPD bereits am Wochenende vorgeworfen, sie wolle die soziale Marktwirtschaft beerdigen.

Das wiesen neben Weil auch weitere Sozialdemokraten zurück. Juso-Chef Kevin Kühnert betonte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung »Berlin direkt«, es gehe darum, das Versprechen des Sozialstaats zu erneuern. In der »Rheinische Post« (Montag) bezeichnete Kühnert die SPD-Pläne als »Befreiungsschlag«. »Mit unserem Konzept für einen neuen Sozialstaat endet eine lange Phase inhaltlicher Unklarheit und Sprunghaftigkeit«, sagte der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation.

SPD-Vize Ralf Stegner sagte der dpa: »Wir Sozialdemokraten treten für einen modernen solidarischen Sozialstaat ein, der auch in der digitalen Arbeitswelt den Menschen soziale Sicherheit garantiert.« Wenn die Union behaupte, die Grundrente sei nicht finanzierbar, »selbst aber doppelt so teure Steuergeschenke für die Superreichen« fordere, seien die politischen Unterschiede zwischen Union und SPD mehr als deutlich, sagte Stegner.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil warf der Union inhaltliche Leere vor. »Außer Steuersenkungen für Superreiche habe ich keine programmatischen Vorschläge gehört in den letzten Wochen«, sagte er der »Augsburger Allgemeinen« (Montag). Hintergrund ist das Bestreben der Union, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen statt - wie in der Koalition vereinbart - nur für 90 Prozent der Soli-Zahler. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verteidigte die Forderung mit Hinweis auf die schwächelnde Konjunktur und forderte auch die Entlastung von Unternehmen. »Wir haben alle ein Interesse an einem ausgeglichenen Haushalt und an der schwarzen Null, aber es gibt Spielräume«, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag).

Im Gegensatz zur Union sieht die LINKE die Pläne der SPD mit Wohlwollen. Parteichef Bernd Riexinger nannte sie begrüßenswert. Um den freien Fall in den Umfragen aufzuhalten, »bevor sie einstellig wird«, müsse die SPD-Spitze »durchblicken lassen, wie sie das alles umsetzen will«, sagte er den »Stuttgarter Nachrichten« und der »Stuttgarter Zeitung« (Montag). Mit der Union gehe das »sicher nicht«.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider, verneinte aber, dass seine Partei die Konfrontation mit dem Koalitionspartner suche. »Wir zeigen, dass es fundamentale Unterschiede zwischen uns und der Union gibt, aber das Konzept geht über die Arbeit in der Koalition hinaus«, sagte Schneider der Zeitung »Die Welt«. »Die SPD markiert ihre inhaltliche Grundausrichtung für die nächsten fünf bis zehn Jahre.« dpa/nd

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