Hand in Hand mit den USA

Bogotá arbeitet eng mit Washington zusammen, um die Regierung Maduro in Venezuela aus dem Sattel zu heben

  • David Graaff, Medellin
  • Lesedauer: 4 Min.

»Maduro ist ein Menschenrechtsverbrecher.« Auch bei seinem Besuch im Weißen Haus sparte Kolumbiens Präsident Iván Duque am Mittwoch nicht mit scharfen Worten. Wenn es um die schlechte Versorgungslage im Nachbarland geht, spricht er auch gern einmal von Genozid. Der Besuch in Washington hatte unter anderem zum Ziel, weitere Hilfsgelder einzusammeln. Denn die Krise im Nachbarland trifft Kolumbien unmittelbar. 2,3 Millionen Venezolaner haben ihr Land nach Angaben der UNO seit 2015 verlassen. Mehr als eine Million halten sich, so die kolumbianische Migrationsbehörde, im Nachbarland auf. Nur etwas mehr als die Hälfte davon legal. Der Druck auf die öffentliche Hand, das Gesundheitssystem und den Arbeitsmarkt ist hoch. In den Grenzregionen blühen zudem der Devisenschwarzmarkt und der Handel mit den von der Maduro-Regierung subventionierten Gütern, während der Export eingebrochen ist. Zudem wirft Bogotá Caracas vor, zu dulden, dass führende Köpfe der ELN-Guerilla Venezuela als Rückzugsgebiet nutzen.

Seit ihrem Amtsantritt im August hat die kolumbianische Rechtsregierung daher intensiv an der Schwächung Maduros mitgearbeitet. Wie die Tageszeitung »El Espectador« berichtet, haben Duques Diplomaten seit Monaten federführend an dem Fahrplan gestrickt, der die politische und wirtschaftliche Krise in Venezuela noch einmal verschärft hat und den Abtritt Maduros herbeiführen soll. Nach Ernennung des Gegenpräsidenten Juan Guaidó erkannte Kolumbien als eine der ersten Staaten den 35-Jährigen als rechtmäßiges Staatsoberhaupt an und die USA, wichtigster Abnehmer venezolanischen Erdöls, verhängten Sanktionen, was die Maduro-Regierung innerhalb weniger Tage in schwere finanzielle Probleme stürzte. Das wird sich alsbald auch auf die Sozialprogramme der Regierung auswirken.

»Der kolumbianische Botschafter in den USA, Franciscos Santos, hat ganze Arbeit geleistet, um auf höchster Ebene der Regierung und des Kongresses vor den schwerwiegenden Folgen zu warnen, falls nicht auf den unmittelbaren Abtritt von Nicolás Maduro gedrängt wird. Sein Argument, dass, wenn die Vereinigten Staaten nicht sofort etwas unternehmen würden, Maduros Venezuela für die Trump-Regierung bald zu einem Syrien mit Öl oder in ein auf den Drogenhandel gestütztes Somalia werden könnte, hat Widerhall gefunden«, zitiert das Blatt einen venezolanischen Oppositionellen anonym.

Schon im August 2017 hatte sich die sogenannte Lima-Gruppe gegründet. Ein multilaterales Dialogformat, in dem sich mehrere lateinamerikanische Staaten und Kanada gegen die politischen Entwicklungen in Venezuela aussprechen und in Opposition zur Maduro-Regierung positionieren.

Für Aaron Tauss, Professor für Internationale Politische Ökonomie an der Nationaluniversität von Kolumbien spielt das Land im Machtspiel um Venezuela eine entscheidende Rolle. »Kolumbien hat in multilateralen Organisationen wie der Lima-Gruppe und der Organisation Amerikanischer Staaten eine führende Rolle eingenommen«, sagt er im Gespräch mit »nd« und verweist darauf, dass sich das politische Panorama mit der Abwahl der Linksregierungen in Brasilien, Argentinien, Chile und Ecuador verändert habe. Zudem, so Tauss, sei Kolumbien wichtigster politischer, wirtschaftlicher und militärischer Verbündeter der USA in der Region. »Seit dem Drogenkrieg ist das Land Empfänger von US-Militärhilfen und stellt den USA mehrere Militärbasen zur Verfügung«, so Tauss.

Geostrategisch ist Kolumbien in der Venezuela-Krise entscheidend. 2200 Kilometer Grenze teilen sich beide Länder und über die Grenzbrücke zwischen dem kolumbianischen Cucutá und dem venezolanischen San Antonio sollen die Hilfsgüter für die venezolanische Bevölkerung kommen. Auf der kolumbianischen Seite stehen seit vergangener Woche fast 100 Tonnen Lebensmittel und Medikamente bereit, die die USA als humanitäre Hilfe nach Venezuela bringen möchte. Die Regierung Maduro lehnt das ab, weil sie die Hilfe als Vorwand sieht, um den Boden für eine von den USA angeführte Militärinvasion zu bereiten.

Im Falle einer militärischen Intervention, die sich Trump bei seinem Treffen mit Duque indirekt offen hielt (»schauen uns alle Optionen an«), wären die infrastrukturellen und logistischen Voraussetzungen in Kolumbien bereits vorhanden. Zuzulassen, dass US-Truppen in seinem Land stationiert würden, hatte Duque zuletzt nicht ausgeschlossen.

Auf die Ankündigung Duques, er habe Guaidó zugesichert, in Cucutá ein Verteilungszentrum für die US-Hilfen einzurichten, reagierten viele Menschen in den sozialen Netzwerken mit dem Verweis auf humanitäre Notlage im eigenen Land. Leonor Viloria, eine Sprecherin der Wayuu-Indigenen, die in der Grenzregion Guajira leben, erinnerte daran, dass dort allein im vergangenen Jahr 64 Kinder an Unterernährung gestorben seien. Die Region, in der unter anderem Steinkohle abgebaut wird, die auch nach Deutschland exportiert wird, leidet unter extremer Trockenheit und ist eine der ärmsten des Landes.

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