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In Dänemark gilt ab 1. März Rückführung statt Integration als Paradigma der Ausländerpolitik

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Satz in dem neun Seiten umfassenden Gesetz, mit dem das dänische Ausländerrecht neu geregelt wird, bringt die Ausländerpolitik auf den Punkt. Die staatliche Versorgung für arbeitslose Einwanderer und Flüchtlinge wird künftig nicht mehr Integrations-, sondern Selbstversorgungs- und Rückführungsleistung heißen. Die Empfänger sollen mit jeder Zahlung zu wissen bekommen, dass ihr Aufenthalt nur begrenzt sein soll und alles, was staatlicherseits für sie getan wird, auf die Rückführung gerichtet ist. Die Zeit der Integrationspolitik soll per 1. März 2019 offiziell zu Ende gehen in Dänemark. Da für die Gesetzesänderungen nicht nur die bürgerlichen Parteien, sondern auch die Sozialdemokraten stimmten, dürften sie in den Grundzügen auch nach einem möglichen Regierungswechsel Bestand haben. Spätestens im Juni werden Parlamentswahlen stattfinden.

Die Änderungen betreffen im Wesentlichen Einwanderer aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie anderen Ländern des globalen Südens. Das Gesetzespaket ändert eine Reihe Gesetze und die darauf beruhenden Rechtsvorschriften. Unter anderem werden die Bezüge für die Sozialhilfe, die bereits jetzt unter dem Niveau der Stammbevölkerung liegt, weiter gekürzt. Die Kommunen sind nicht mehr verpflichtet, Wohnungen bereitzustellen, sondern nur noch zeitweilige Unterbringungsmöglichkeiten. Das entlastet sie finanziell, wird aber zur Ghettobildung, die eigentlich vermieden werden soll, beitragen. Familienzusammenführungen werden weiter erschwert und bekommen eine jährliche Obergrenze. Zudem können sie ausgesetzt werden, wenn Behörden überlastet sind.

Spezielle Mitarbeiter der Ausländerbehörde sollen sich künftig auf Rückführungen in die Heimatländer konzentrieren und den Kreis sicherer Länder erweitern. Das Ziel sind forcierte Rückführungen und Einziehung von Aufenthaltsgenehmigungen, sobald Gebiete und Länder als sicher angesehen werden können. Während der Einführungskurse sollen Einwanderer und Asylbewerber einerseits mit den Werten der Demokratie und Verhaltensnormen in Dänemark vertraut gemacht werden, andererseits soll ihnen aber klargemacht werden, dass ihr Aufenthalt als zeitweilig anzusehen ist. Wer die Hürden der Aufenthaltsgenehmigung genommen hat, muss künftig vier statt drei Jahre warten, bis das Recht auf Teilnahme an Kommunalwahlen besteht.

Ebenfalls geändert und verschärft werden die Aufenthalts- und Melderegeln für Kriminelle und Personen, die gefährlich sein können für die Sicherheit des Staates. Hinter dieser Formulierung im neuen Gesetz verbirgt sich die Einrichtung eines isolierten Ausreisezentrums auf einer Insel. Ob es in der vorgeschlagenen Form eingerichtet werden wird, ist trotz starker Rhetorik aber noch unklar. Die Finanzierung ist noch nicht gesichert und eine Reihe technischer Faktoren und juristischer Bedenken machen den Fahrplan zur Einrichtung dieses Insellagers unsicher.

Gegen das Gesetzpaket stellten sich nur die linken Parteien, die von den Befürwortern ebenso wenig gehört wurden wie die Einwände von Organisationen und Instituten, die sich mit Ausländerfragen beschäftigen.

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