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Von Flug- und Raumfahrtscham

sieben tage, sieben nächte

  • Regina Stötzel​​​​​​​
  • Lesedauer: 3 Min.

Was haben Greta Thunberg und Kim Jong Un gemeinsam? Richtig: Sie reisen mit dem Zug. Was bei der schwedischen Klimaaktivistin naheliegend sein mag – bei dem Staatsmann muss man, unabhängig davon, was man ihm ansonsten vorwerfen mag, von einem außergewöhnlichen und für die heutige Zeit vorbildlichen Reiseverhalten sprechen. So nahm er für das Treffen mit Wladimir Putin in Wladiwostok eine etwa neunstündige Zugfahrt auf sich, statt in einen flotten Flieger zu steigen. Ob er wie sein Vater Kim Jong Il unter Flugangst leidet oder ob er einfach nur die schöne Tradition pflegen will, die sein Großvater Kim Il Sung neben dem nordkoreanischen Staat begründete, ist nicht bekannt.

Wenig wahrscheinlich ist jedoch, dass sich in Nordkorea wie in Schweden die »Flygskam« ausgebreitet hat. Auch auf Deutsch existiert das Wort »Flugscham« bereits, welches das schlechte Gewissen beschreibt, in Anbetracht des Klimawandels den individuellen CO2-Verbrauch auch noch mit Flugreisen in die Höhe zu treiben. Zwar schlägt sich dies keineswegs in Flug- oder Passagierzahlen nieder. Doch in den Medien, wo sich einst abgebrühte Vielflieger damit brüsten konnten, dass Fliegen für sie wie Busfahren sei, mehren sich nun Berichte über Flugverweigerer.

Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis die »Easy-Jetter«, denen noch vor Kurzem allenfalls die vermeintlich naive Anhängerschaft der grenzenlosen Freiheit über den Wolken angelastet wurde, endgültig in Verruf kommen.

Umweltbewusstsein und das Vermeiden sinnloser Energieverschwendung können nicht schaden. Nur geht der Wahnsinn munter weiter – mit System. Nicht nur im Luftraum ist es eng geworden – es gab auch im vergangenen Jahr so viel Staus auf deutschen Straßen wie nie zuvor. Kreuzfahrten, bei denen ein einzelnes Schiff so viel Dreck verursacht wie fünf Millionen Pkw, mussten erst zur Massenbewegung werden, bevor über Alternativen zum Treibstoff Schweröl und über Abgasfilter auch nur nachgedacht wurde.

Das Internet, das etwas umweltschonendere Mobilitätsalternativen wie den punktuellen Gebrauch von Autos, E-Rollern und Ähnlichem ermöglicht, hätte, wäre es ein Land, bereits den sechsthöchsten Verbrauch weltweit. Und die Wirtschaft muss wachsen und wachsen; Uber schaffte es in zehn Jahren seit Firmengründung auf geschätzte 100 Milliarden Dollar Börsenwert (Seite 6).

Die Bundesregierung ringt weiter um Maßnahmen, mit denen die Klimaziele nicht zu erreichen sind. Und während schon im April Waldbrände in Brandenburg drohen (Seite 26), stellt sich heraus, dass der menschliche Körper für das, was mancher vielleicht insgeheim als letzte Möglichkeit in Betracht gezogen hatte – die Reise ins ferne All ohne Wiederkehr –, unbrauchbar zu sein scheint (Seite 23). Insofern hat nicht nur das Wort »Raumfahrtscham« wohl keine Zukunft.

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