Gesetzentwurf gegen »Darknet-Märkte«

Experten und Oppositionspolitiker meinen, dass es kein besonderes Gesetz braucht

  • Mesut Bayraktar
  • Lesedauer: 2 Min.

Am Freitag entscheidet der Bundesrat über einen Gesetzesentwurf, mit dem strafrechtlich gegen Betreiber von Handelsplattformen auf »Darknet-Märkten« vorgegangen werden kann. Im Januar wurde der Entwurf von Nordrhein-Westfalen und Hessen eingebracht. Auf § 126 StGB soll künftig § 126a StGB folgen.

Bestraft wird, »wer eine internetbasierte Leistung, deren Zugang und Erreichbarkeit durch besondere technische Vorkehrungen beschränkt ist, anbietet und deren Zweck oder Tätigkeit darauf gerichtet ist, bestimmte rechtswidrige Taten zu begehen oder zu fördern.« Nun wurde der Entwurf im Wege der Ausschüsse des Bundesrats nochmals verschärft, indem die Beschränkung »besondere technische Vorkehrungen« gestrichen werden soll. Damit könnten Dienste außerhalb des »Darknets« erfasst werden. Auch das Strafmaß soll von drei auf fünf Jahren steigen.

Die Vermutung liegt nahe, dass das Internet weiter durch staatliche Eingriffe reguliert wird. So sagt der Rechtsprofessor Matthias Bäcker gegenüber netzpolitik.org: »Seine Bedeutung wird voraussichtlich vor allem darin liegen, dass die Strafverfolgungsbehörden großflächige, eingriffsintensive Überwachungsmaßnahmen (...) durchführen können.«

Außerdem stellt sich die Frage, ob überhaupt ein sachlicher Grund für ein neues Strafgesetz vorliegt. Denn die im Entwurf beschriebenen Verhaltensweisen stehen bereits nach geltendem Recht als Beihilfehandlungen unter Strafe. Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, »sieht überhaupt kein Bedürfnis«. Besonders für Menschen, die Internetplattformen betreiben, ergebe sich ein »enormes« Verfolgungsrisiko mit »sinnlosen Strafverfahren.«

Netzpolitik.org macht darauf aufmerksam, dass »Darknet« und »Darknet-Markt« unbestimmte Rechtsbegriffe sind, die ausfüllungsbedürftig sind. »Die Gesetzesbegründung schafft es, sachlich falsch zu behaupten«, dass der Zugang zum »Darknet« durch das Tor-Netzwerk erfolge, so die Internetexperten.

Auch die politischen Stimmen sind äußerst skeptisch. So kommentiert Petra Sitte (Linkspartei), dass der Entwurf »Tür und Tor für eine weitere Einschränkung der Meinungsfreiheit« öffne. Man brauche keinen neuen Paragrafen. Konstantin von Notz (Grüne) beklagt, dass mit dem Entwurf eine »Ausweitung auf alle Plattformen droht.« Patrick Breyer (Piraten) weist auf das grundrechtlich geschützte Postgeheimnis hin, das mit dem Entwurf in Gefahr sei. Schließlich stellt Frank Rieger vom Chaos Computer Club (CCC) fest, dass der Entwurf »vorwiegend Gummiparagraphen« enthalte und Anonymität kriminalisieren wolle.

In der Tat berührt der Entwurf die übergeordnete Frage: Wie viel Verrechtlichung braucht das Internet? Ist das Internet, auch das »Darknet«, überhaupt ein rechtsfreier Raum? Wann wird über die Ermöglichung von Demokratie im und durch Internet debattiert?

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