CDU blamiert sich im Kampf um die EU-Urheberrechtsreform

CDU-Abgeordneter Brok äußert Sorge über die Parlamentsabstimmung / Europaparlamentarier Caspary spricht von »gekauften Demonstranten«

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel. Vor der Abstimmung im Europaparlament über das neue EU-Urheberrecht sieht der CDU-Abgeordnete Elmar Brok die Mehrheit auf der Kippe. »Ich habe die Sorge, dass das am Dienstag schief geht«, sagte Brok am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Im Falle einer Ablehnung wäre diese Reform nach Broks Einschätzung tot. Vor der Europawahl im Mai gäbe es keine Möglichkeit der Nachbesserung und danach müsste man von vorne anfangen, sagte er.

Eine Äußerung des CDU-Europaabgeordneten Daniel Caspary sorgt derweil für Aufregung. Caspary hatte den Verdacht geäußert, dass US-Internetkonzerne mit »gekauften Demonstranten« die Reform des EU-Urheberrechts verhindern wollten - und damit helle Empörung auch in den eigenen Reihen ausgelöst. »Nun wird offensichtlich versucht, auch mit gekauften Demonstranten die Verabschiedung des Urheberrechts zu verhindern«, sagte der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament zu »Bild«.

»Bis zu 450 Euro werden von einer sogenannten NGO für die Demoteilnahme geboten«. Die CDU/CSU-Fraktion im Europaparlament verbreitete das Zitat am Samstagvormittag über den Kurznachrichtendienst Twitter. Kurz bevor in vielen deutschen Städten Zehntausende Menschen gegen die EU-Urheberrechtsreform demonstrierten. Kritik an dem Zitat gab es nicht nur von der Opposition, auch Parteifreunde von Caspary reagierten entsetzt. So twitterte der CDU-Digitalexperte Thomas Jarzombek: »Ich finde für diesen Irrsinn keine Worte mehr. Egal welcher Meinung man ist, man muss immer Respekt vor der Meinung Andersdenkender haben.«

Auch Brok beklagte eine massive und von Algorithmen gesteuerte Kampagne der großen Internetkonzerne gegen das Vorhaben. Er habe in den vergangenen Tagen Tausende gleichlautende Briefe und Emails erhalten, die sämtliche Postfächer verstopften. »Die haben die Leute kirre gemacht, bis in die Junge Union hinein«, sagte Brok und fügte hinzu: »Das ist kein normaler demokratischer Prozess mehr.«

Die Furcht der Reform-Kritiker vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet wies Brok zurück. Selbst wenn bei der Nutzung von Filterprogrammen »mal eine Satire hängenbleibt«, gebe es die Möglichkeit eines Beschwerdeverfahrens. »Wo liegt die Gefahr? Ich sehe keine«, sagte Brok.

Am Dienstag will das Europaparlament über die Reform entscheiden, die Urhebern für ihre Inhalte im Internet eine bessere Vergütung sichern soll. Kritiker wenden ein, dass Anbieter-Plattformen wie YouTube in Zukunft bereits beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Das ist nach ihrer Meinung nur über automatisierte Filter möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass viel mehr als nötig aussortiert werde. dpa/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.