- Politik
- EU-Urheberrechtsreform
CDU blamiert sich im Kampf um die EU-Urheberrechtsreform
CDU-Abgeordneter Brok äußert Sorge über die Parlamentsabstimmung / Europaparlamentarier Caspary spricht von »gekauften Demonstranten«
Brüssel. Vor der Abstimmung im Europaparlament über das neue EU-Urheberrecht sieht der CDU-Abgeordnete Elmar Brok die Mehrheit auf der Kippe. »Ich habe die Sorge, dass das am Dienstag schief geht«, sagte Brok am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Im Falle einer Ablehnung wäre diese Reform nach Broks Einschätzung tot. Vor der Europawahl im Mai gäbe es keine Möglichkeit der Nachbesserung und danach müsste man von vorne anfangen, sagte er.
Eine Äußerung des CDU-Europaabgeordneten Daniel Caspary sorgt derweil für Aufregung. Caspary hatte den Verdacht geäußert, dass US-Internetkonzerne mit »gekauften Demonstranten« die Reform des EU-Urheberrechts verhindern wollten - und damit helle Empörung auch in den eigenen Reihen ausgelöst. »Nun wird offensichtlich versucht, auch mit gekauften Demonstranten die Verabschiedung des Urheberrechts zu verhindern«, sagte der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament zu »Bild«.
»Bis zu 450 Euro werden von einer sogenannten NGO für die Demoteilnahme geboten«. Die CDU/CSU-Fraktion im Europaparlament verbreitete das Zitat am Samstagvormittag über den Kurznachrichtendienst Twitter. Kurz bevor in vielen deutschen Städten Zehntausende Menschen gegen die EU-Urheberrechtsreform demonstrierten. Kritik an dem Zitat gab es nicht nur von der Opposition, auch Parteifreunde von Caspary reagierten entsetzt. So twitterte der CDU-Digitalexperte Thomas Jarzombek: »Ich finde für diesen Irrsinn keine Worte mehr. Egal welcher Meinung man ist, man muss immer Respekt vor der Meinung Andersdenkender haben.«
Auch Brok beklagte eine massive und von Algorithmen gesteuerte Kampagne der großen Internetkonzerne gegen das Vorhaben. Er habe in den vergangenen Tagen Tausende gleichlautende Briefe und Emails erhalten, die sämtliche Postfächer verstopften. »Die haben die Leute kirre gemacht, bis in die Junge Union hinein«, sagte Brok und fügte hinzu: »Das ist kein normaler demokratischer Prozess mehr.«
Die Furcht der Reform-Kritiker vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet wies Brok zurück. Selbst wenn bei der Nutzung von Filterprogrammen »mal eine Satire hängenbleibt«, gebe es die Möglichkeit eines Beschwerdeverfahrens. »Wo liegt die Gefahr? Ich sehe keine«, sagte Brok.
Am Dienstag will das Europaparlament über die Reform entscheiden, die Urhebern für ihre Inhalte im Internet eine bessere Vergütung sichern soll. Kritiker wenden ein, dass Anbieter-Plattformen wie YouTube in Zukunft bereits beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Das ist nach ihrer Meinung nur über automatisierte Filter möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass viel mehr als nötig aussortiert werde. dpa/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!