Straßenausbaubeiträge werden abgeschafft

Rückwirkend zum 1. Januar 2019 müssen Anlieger in Brandenburg nichts mehr bezahlen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

In Brandenburg müssen Anlieger künftig keine Beiträge mehr für den Straßenausbau entrichten. SPD und LINKE einigten sich auf die Abschaffung und legten in ihrem Gesetzentwurf dafür den Stichtag 1. Januar 2019 fest. Wie Linksfraktionschef Ralf Christoffers am Dienstag mitteilte, gilt die Beitragsbefreiung für alle Baumaßnahmen, die bis zum 31. Dezember 2018 noch nicht abgeschlossen waren.

Kommunen sollen künftig vom Land eine Pauschale erhalten. Diese Pauschale soll ihnen den Verlust der Straßenausbaubeiträge ersetzen. Eine entsprechende Änderung des Kommunalabgabengesetzes werde im April in den Landtag eingebracht und im Juni in der letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause und damit noch vor der Landtagswahl im September beschlossen, heißt es. Im Zuge einer amtlichen Messung wurde festgestellt, dass es nicht 11 000 Kilometer Anliegerstraßen im Bundesland gibt, wie ursprünglich angenommen wurde, sondern fast 22 000 Kilometer. Die pauschale Ausgleichszahlung an die Kommunen soll sich auf 1400 Euro je Kilometer belaufen. Das kostet die Landeskasse nicht 25 Millionen Euro pro Jahr, wie früher geschätzt, sondern 31 Millionen.

Diese Summe werde aber ausreichen, weil »nicht überall zur gleichen Zeit gebaut wird«, wie Linksfraktionschef Christoffers sagte. Das Geld werde den Rücklagen des Landes entnommen. Sollten besondere Schwierigkeiten beim Baugrund die Kosten in die Höhe treiben, dürfen die Kommunen ausnahmsweise auch »spitz abrechen«, also die realen Kosten in Rechnung stellen.

Pech haben diejenigen, deren Straße vor der Haustür noch 2018 fertig geworden ist. Sie müssen für den Ausbau Beiträge entrichten. »Jeder Stichtag birgt Ungerechtigkeiten, das ist so und auch nicht zu ändern«, sagte Christoffers. Ihm sei wichtig, dass die rot-rote Koalition ihre Zusage, die Beiträge noch vor der Wahl abzuschaffen, zügig umsetze. Laut SPD-Fraktionschef Mike Bischoff wird es vor der zweiten, gegebenenfalls auch dritten Lesung des Gesetzes im Landtag eine Anhörung geben. Auch Bischoff zeigte sich zuversichtlich, dass die Gesetzesänderung im Juni verabschiedet werden könne. Sollten Beitragsbescheide für Baumaßnahmen ab dem 1. Januar 2019 schon ergangen sein, seien diese Bescheide aufzuheben, sagte Bischoff. Das Gesetz werde auch die Rückerstattung bereits gezahlter Beiträge regeln. Die praktische Umsetzung wird 17 zusätzliche Stellen im Infrastrukturministerium erfordern, die auch geschaffen werden sollen.

Dem Abgeordneten Björn Lüttmann (SPD) zufolge werden 80 Prozent der Kommunen mit der gefundenen Regelung finanziell günstiger fahren, 20 Prozent möglicherweise schlechter. Es sei bei 470 Kommunen im Bundesland mit sehr unterschiedlichen Bedingungen schwierig, den Verwaltungsaufwand zu quantifizieren und »rechtssicher zu bestimmen«. Was da auf den Weg gebracht werde, sei aber auf jeden Fall eine »gute Botschaft für Anlieger und Kommunen«.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel berief sich auf den Städte- und Gemeindebund, als er Zweifel daran anmeldete, dass die Kommunen mit den 31 Millionen Euro zufrieden sein werden. Doch werde die Koalition das Gesetz durchbringen, weil sonst ein Volksbegehren und eine Volksabstimmung drohen würden, erwartet Vogel. Die Abgeordnete Ursula Nonnemacher (Grüne) verwies auf das Beispiel Bayern, wo sich die vorausberechneten Kosten für die Beitragsbefreiung von 50 Millionen Euro auf inzwischen 150 Millionen erhöht haben. »Ob die für Brandenburg angegebene Summe ausreicht, werden wir sehen«, sagte Nonnemacher.

Unverhohlen freute sich der Abgeordnete Pèter Vida (Freie Wähler) über die Abschaffung der Beiträge, die er mit eine Volksinitiative ins Rollen gebracht hatte. »Das ist ein Sieg unserer Volksinitiative, unsere zentralen Forderungen werden umgesetzt«, frohlockte er.

Wieder einmal sei eine Volksinitiative nötig gewesen, um die Landespolitik »auf den richtigen Weg zu bringen«, meinte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben. Er signalisierte »grundsätzliche Zustimmung«. Leider betreffe die Beitragsbefreiung nur den Ausbau, nicht gleich noch die Neuerschließung von Straßen. Das werden die Bürger nicht verstehen, denkt Senftleben.

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