Unerwünschte Chefanklägerin

Fatou Bensouda untersucht Kriegsverbrechen in Afghanistan - nun wurde ihr das US-Visum entzogen

  • Lesedauer: 2 Min.

Die USA drohten Mitgliedern des Weltstrafgerichtshofs schon im März mit Einreiseverboten, nun wurde Fatou Bensouda ein US-Visum entzogen. Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag hatte Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen in Afghanistan angeregt, von denen auch US-Soldaten betroffen sein könnten. Nach ihrer Ansicht gibt es genügend Beweise für Kriegsverbrechen, begangen nicht nur von islamistischen Taliban, sondern auch von US-Soldaten und Mitarbeitern des Auslandsgeheimdienstes CIA.

Die 1961 im damaligen Bathurst in Gambia geborene Bensouda hat viel Erfahrung mit der Aufarbeitung von Kriegsverbrechen. Die in Nigeria und Malta ausgebildete Juristin, die zu internationalem Seerecht promovierte, wurde nach Stationen als Generalstaatsanwältin 1998 in Gambia Justizministerin unter dem zunehmend diktatorisch agierenden Yahya Jammeh. Damals kämpfte sie dafür, die Unabhängigkeit ihres Ministeriums zu sichern. 2002 wurde Bensouda als Rechtsberaterin an den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda berufen. 2004 folgte der Ruf an den IStGH, wo sie 2011 für neun Jahre zur Chefanklägerin gewählt wurde.

Bereits als Teenagerin habe sie viel Zeit im Gerichtssaal verbracht, sagte die Gambierin dem Deutschlandfunk. Die Beobachtung, dass Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden, tagein, tagaus Gerechtigkeit verweigert wurde, war Motivation für sie, Jura zu studieren. »Jedes Opfer, dem Gerechtigkeit widerfährt, verändert die Welt«, so Bensouda.

Da Afghanistan das Römische Statut von 2002 unterzeichnet hat - die Rechtsgrundlage für den Internationalen Strafgerichtshof -, kann die Chefanklägerin auch gegen die USA ermitteln lassen, die kein Vertragsstaat sind und diesen schon seit Jahren strikt ablehnen. Bensouda könne aber weiterhin nach New York reisen, wenn sie dem Weltsicherheitsrat Bericht erstatten müsse, versicherte ihre Sprecherin. Und: Bensouda wolle ihre Arbeit unbeirrt fortsetzen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.