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Droht Real die Zerschlagung?
Laut Berichten sollen zwei der Investoren nur an den Immobilien der Supermarktkette interessiert sein
Mehr als 3000 Mitarbeiter der Supermarktkette Real waren im November in Düsseldorf vor die Zentrale des Mutterkonzerns Metro gezogen. «Wir wollen in gute Hände», stand auf Dutzenden Schildern. Die Metro hatte zuvor angekündigt, die Unternehmenstochter bis Juni 2019 abstoßen zu wollen. Konzernchef Olaf Koch erklärte zwar, man wolle die bundesweit über 290 Märkte als Gesamtpaket verkaufen - Sorge machte sich unter den rund 34 000 Beschäftigten trotzdem breit. Womöglich zu Recht: Nach Medienberichten stehen die Verkaufsverhandlungen nun kurz vor dem Abschluss. Bei den verbliebenen Interessenten sei es sehr wahrscheinlich, dass sie Real zerschlagen würden.
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Laut Informationen des «Handelsblatts» soll es sich bei den beiden potenziellen Käufern um die x+bricks AG und die Redos Gruppe handeln. Beide hätten ein Angebot um rund 900 Millionen Euro gemacht. Ein Blick in das Spezialgebiet der Interessenten lässt die Alarmglocken klingeln: Die x+bricks AG investiert nach eigenen Angaben in «lebensmittelgeankerte Immobilien», die Redos Gruppe wiederum nennt sich einen «Spezialisten für großflächige Einzelhandelsimmobilien». Geht es beiden womöglich nur um die 65 Immobilien, die Teil des Real-Paketes sind?
Sowohl die x+bricks AG als auch die Redos Gruppe vermieten Immobilien an die Supermarktkette Kaufland. Es kann davon ausgegangen werden, dass beide Interessenten auch die Real-Immobilien eben jener Kette überlassen wollen. Die Schwarz-Gruppe, zu der Kaufland gehört, hatte bereits angekündigt, an 100 Real-Standorten interessiert zu sein.
Ein weiterer möglicher Käufer, ein Konsortium aus dem Einkaufsverbund Markant und dem Investor Sapinda, scheint derweil aus dem Spiel zu sein. Aus Branchenkreisen heißt es, dass dieser als einziger Investor ein Interesse an einem nachhaltigen Erhalt der gesamten Supermarktkette habe.
Die x+bricks AG und die Redos Gruppe wollten sich zu den Verhandlungen nicht äußern. Real ist nach eigener Aussage noch mit mehr als zwei Interessenten im Gespräch. Sollten die Informationen des «Handelsblatts» stimmen, droht indes eine Zerschlagung von Real. Dutzende Märkte könnten von Schließungen, Tausende Mitarbeiter von Entlassung bedroht sein.
Politiker, Gewerkschaften und Mitarbeiter warnen vor den Folgen. «Es drohen Massenentlassungen und für die verbleibenden Beschäftigten Löhne weit unter dem üblichen Tarif», erklärte Pascal Meiser, der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, gegenüber «nd». Das Unternehmen werde nun «zur Schlachtbank» geführt«, so der Abgeordnete. Meiser fordert Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf, Maßnahmen gegen Tarifflucht zu ergreifen. »Tarifverträge müssen nach Ausgliederungen und Betriebsübernahmen uneingeschränkt weitergelten, bis ein neuer Tarifvertrag von der Mehrheitsgewerkschaft abgeschlossen wurde«, so der Politiker. Zudem müssten Tarifverträge auch gegen den Willen der Arbeitgeberverbände für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Einen entsprechenden Antrag hatte die LINKE am Freitag im Bundestag eingebracht.
Stefanie Nutzenberger vom ver.di-Bundesvorstand sieht die Situation mit Sorge. »Es gibt noch keine Entscheidung, aber eine Zerschlagung des Unternehmens wäre der schlimmste Fall für die Beschäftigten«, sagte sie gegenüber »nd«. Diese bräuchten sichere Arbeitsplätze und existenzsichernde Einkommen durch Tarifverträge. »Das Unternehmen muss seiner sozialen Verantwortung gerecht werden, statt nur darauf zu schauen, ein Maximum an Profit herauszuschlagen«, so Nutzenberger. Ver.di sei in enger Abstimmung mit den Betriebsräten. »Streiks schließe ich nicht aus.«
Auch in den Belegschaften rumort es. »Seit Monaten brodelt die Gerüchteküche - das Hinhalten seitens der Geschäftsführung macht viele wütend«, sagte Danny Albrecht, Real-Mitarbeiter und DGB-Kreisvorsitzende in Dahme-Spreewald. Auch die Politik trage nun eine Verantwortung, um die Arbeitsplätze zu erhalten. Denn während die Manager und Aktionäre der Metro nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht seien, würden die Mitarbeiter vergessen werden. »Wir sind Menschen und kein Kostenfaktor.«
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