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Grenzen der Zusammenarbeit
Beim Besuch in Moskau erwägt Erdogan neue Militäroffensive in Syrien
Russland ist international isoliert, diese Botschaft ist in Deutschland seit dem Beginn des Krieges in der Ostukraine 2014 immer wieder zu lesen. Doch obwohl sich die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen deutlich verschlechtert haben, gilt das nicht unbedingt für andere Weltregionen, etwa im Nahen Osten oder in Ostasien. Insbesondere dem Verhältnis zur Türkei misst die russische Regierung große Bedeutung bei. Das unterstreicht der Besuch des türkischen Präsidenten Recep Erdoğan am Montag in Moskau.
Das als »Arbeitsbesuch« deklarierte Treffen ist bereits das dritte zwischen Erdoğan und Wladimir Putin in diesem Jahr. Offizieller Anlass des Treffens ist der Start des russisch-türkische Kultur- und Tourismusjahrs. Im Mittelpunkt der Gespräche standen zwei Themen: Der Krieg in Syrien und die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder.
»Im vergangenen Jahr ist der Handel beider Länder um 16 Prozent gestiegen und überstieg einen Wert von 25 Milliarden US-Dollar«, sagte Putin bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Der russische Staatskonzern Rosatom baut im türkischen Akkuyu ein Atomkraftwerk, der erste Block soll bis zum Jahr 2023 ans Netz gehen. Auch die Arbeiten am zweiten gemeinsamen Großprojekt, der Pipeline Turkish Stream, kommen gut voran. Bis Ende des Jahres soll russisches Gas in die Türkei geliefert werden.
Speziell der Krieg in Syrien verdeutlicht jedoch, wie sehr das gute Verhältnis beider Länder auf tönernen Füßen steht. Während Russland das Regime Baschar al-Assads unterstützt, setzt die Türkei auf die Opposition, darunter auch islamistische Terrorgruppen. Der von Russland geforderte Abzug der US-Truppen, könnte die komplizierte Statik in Syrien wieder verändern. Denn bis heute ist ungeklärt, wer die US-amerikanischen Soldaten ersetzt: Streitkräfte der Assad-Regierung oder der Türkei.
Erdoğan machte vor dem Treffen deutlich, dass die Türkei eine neue Militäroffensive in Syrien keineswegs ausschließt. »Alle unsere Vorbereitungen sind abgeschlossen«, sagte der türkische Präsident am Montag. Man könne »plötzlich« in Syrien einmarschieren, diese zuvor getroffene Aussage habe weiter Gültigkeit. Die Türkei rechtfertigt ihr militärisches Vorgehen in dem Bürgerkriegsland mit der Notwendigkeit, gegen die Kurdenmiliz YPG vorgehen zu müssen.
Ein weiteres ungelöstes Problem ist die Lage in der Region Idlib im Nordwesten Syriens, die zu großen Teilen immer noch unter Kontrolle der Widerstandsgruppen steht. Darüber hinaus berieten die beiden Staatschefs die Arbeit des Verfassungskomitees, das die Ordnung Syriens nach dem Ende des Bürgerkriegs regeln soll. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte am Sonntag beim Besuch in Jordanien erklärt, das syrische Verfassungskomitee könne in Kürze seine Arbeit aufnehmen. Ein konkretes Datum wurde beim Treffen in Moskau jedoch nicht vermeldet.
Trotz der zum Teil konkurrierenden Syrienstrategien vertiefen Russland und die Türkei ihre militärische Zusammenarbeit. Die Lieferung des Raketensystems S400 an die Türkei stößt in den USA auf heftige Kritik. Erdoğan bekräftigte jedoch in Moskau, an dem Geschäft festhalten zu wollen. Dennoch sieht Sergej Demidenko, Nahostexperte vom Forschungsinstitut RANCHiGS grundsätzliche Hindernisse für ein enges politisches Bündnis beider Länder. Für die Türkei existieren in den Beziehungen mit Russland »rote Linien«, die nicht überschritten werden, so Demidenko gegenüber der russischen Nachrichtenagentur »Ria Nowosti«. »Die Türkei ist NATO-Mitglied, das dürfen wir nicht vergessen.«
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