- Berlin
- Fahrradklima Test 2018
Prädikat »ausreichend«
Berlin schneidet beim ADFC-Fahrradklima Test 2018 trotz Auszeichnung schlecht ab
»Das Ergebnis ist ernüchternd. Berlin hat sich nur unwesentlich verbessert«, sagt Nikolas Linck, Pressesprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Berlin. Besonders die Wahrnehmung des Sicherheitsgefühls im Mischverkehr habe sich verschlechtert. Dies geht aus dem ADFC Fahrradklima-Test 2018 hervor.
Am Dienstagmittag wurden die Ergebnisse im Erich-Klausener-Saal, dem Innenhof des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVDI), vorgestellt, und die Städte, die Bestnoten erzielt haben, ausgezeichnet.
Hindernisse auf zu schmalen Radwegen, Ampelschaltungen für Radfahrende und die Reinigung der Radwege sind nur eine Auswahl an Kritikpunkten in der Hauptstadt, die im Test mit der Note »ausreichend« und schlechter bewertet wurden. Rund 4600 Menschen haben das Radklima in Berlin bewertet. Dabei hat die Stadt lediglich Platz zwölf unter 14 Großstädten belegen können. In der Gesamtbewertung kommt Berlin damit nur auf die Schulnote 4,3. Den ersten Platz konnte sich Bremen sichern. Die Hansestadt hat die erste grüne Welle für den Radverkehr geschaltet und die Nutzungsfreundlichkeit deutliche aufgewertet.
»Die Stadt wird voller. Es gibt mehr Verkehr, aber die Infrastruktur wird nicht angepasst«, sagt Linck. Dennoch sei politisch etwas im Wandel. »Es gibt ein Mobilitätsgesetz, aber davon ist in den letzten zwei Jahren kaum etwas angekommen.« Trotzdem wurde Berlin in der Kategorie »Aufholer« für das Gesetz von 2018 ausgezeichnet. Es soll für mehr Mobilität, Sicherheit und Klimaschutz sorgen, indem es alle Verkehrsteilnehmenden, so auch Radfahrer*innen und Fußgänger*innen, einbezieht. Damit sei ein erster Schritt in Richtung einer Verbesserung der Infrastruktur getan. »Es wird ein schweres Erbe angetreten. Es kann nicht über Nacht alles eingeholt werden«, so der Pressesprecher.
Die Bemühungen der Politik spiegeln sich auch in den Testergebnissen wieder. So ist eine leichte Verbesserung von 4,5 auf 4,2 in der Kategorie der jüngsten Fahrradförderung festzustellen. Als positiv wurde das öffentliche Angebot an Leihfahrrädern bewertet (2,2), wie auch die schnelle Erreichbarkeit der Fahrtziele (3,1) und das altersunabhängige Radfahren (3,2).
Die Liste an Schwächen ist lang, bedenkt man die gerade einmal ausreichende Gesamtbewertung. Als mangelhaft wurden Konflikte mit Autos, die Breite der Radwege (beide 5,1), Fahrraddiebstähle (5,2) sowie die Falschparkerkontrolle auf Radwegen (5,3) bewertet. So wünschen sich beispielsweise 86 Prozent der Radfahrenden, vom Autoverkehr getrennt zu fahren.
Die Familienfreundlichkeit im Radverkehr wurde 2018 erstmals im Test berücksichtigt. Mit einem Durchschnitt von 4,9 fallen auch hier die Ergebnisse schlecht aus. 88 Prozent der Befragten sagen, man könne Kinder nur mit einem schlechten Gefühl allein mit dem Rad fahren lassen.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist zur Veranstaltung gekommen, um die fahrradfreundlichsten Städte auszuzeichnen. »Wir wollen mehr Mobilität, bei weniger Autoverkehr«, sagt Scheuer. »Das Verkehrswachstum sehen wir beim Radverkehr mit großer Freude, aber wenn es mehr wird, wachsen auch die Herausforderungen.«
Nutzungsfreundlicher und sicherer soll die Infrastruktur des Radverkehrs darum werden. Radschnellwege und Abbiegeassistenten sind nur zwei der konkreten Maßnahmen, die der Verkehrsminister als sinnvoll erachtet.
Bis Pfingsten wolle er eine Novelle vorlegen, die zur Erleichterung der Fahrradnutzung beitragen soll, so Scheuer. Diese ziele auf eine »Überarbeitung der Vorschriften, um mehr Menschen zu ermutigen aufs Rad umzusteigen.«
Bei dem Klimatest handelt es sich um eine nicht repräsentative Umfrage des Clubs, die in einem zweijährigen Turnus durchgeführt wird. Anfang September bis Ende November 2018 wurde sie zum achten Mal durchgeführt. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich mit etwa 170 000 Teilnehmenden 40 Prozent mehr Radfahrende an der Umfrage beteiligt. Sie gilt als größte Befragung zum Radfahrklima weltweit.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.