- Berlin
- Ermittlungsgruppe »Feuer«
Razzia erbrachte Hinweise auf rechtes Netzwerk
Nach Polizeiaktion Verdacht gegen 16 Personen erhärtet - fünfköpfiger krimineller Führungszirkel ausgemacht
Der Polizeieinsatz, bei dem am Mittwoch Wohnungen, Geschäftsräume und Ladenlokale nach Beweisen für Straftaten und die Bildung einer kriminellen Vereinigung durchsucht wurden, war ein Erfolg. Die Razzien in 33 Objekten in vier Bundesländern, 29 davon in Südbrandenburg, galten 20 Beschuldigten aus der Cottbusser Hooligan-, Kampfsport- und rechtsextremistischen Szene. 16 von ihnen seien nunmehr dringend tatverdächtig, sagte Brandenburgs Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke am Donnerstag in Potsdam.
Es sei gelungen, einen fünfköpfigen Führungszirkel, deutsche Männer im Alter von 28 bis 35 Jahren, mit Verbindungen in die Hooliganszene um den Fußballverein Energie Cottbus auszumachen. Die Ermittlungsgruppe »Feuer« sei dabei auf eine 25 Mann starke »schnelle Eingreiftruppe« gestoßen. Nach Eigendarstellung der rechten Schläger solle die Truppe etwa »bei Stress mit Kanaken abrechnen«. Seit 2018 ermitteln in dieser Szene in Cottbus und Umgebung Kriminalisten der Abteilung Staatsschutz des Landeskriminalamtes und der Polizeidirektion Süd. Bernhard Brocher, Leitender Oberstaatsanwalt der zuständigen Cottbuser Staatsanwaltschaft, sprach von einem »wichtigen Meilenstein« bei den Ermittlungen. Am Mittwoch sei man von der verdeckten zur offenen Ermittlung gegen das rechtsextreme Netzwerk übergegangen. Man habe aber erst 30 bis 40 Prozent der Ermittlungsarbeit geschafft.
Wie der Polizeipräsident in Potsdam informierte, handelt es sich nach dem derzeitigen Ermittlungsstand bei den Beschuldigten um Deutsche im Alter zwischen 22 und 45 Jahren aus dem Raum Cottbus und Landkreis Spree-Neiße. Bekannt sei, dass es sich dabei unter anderem um Personen aus der Sicherheits- und Türsteherszene handelt. »Bei einigen Mitgliedern dieser Gruppierung handelt es sich um Mitglieder der angeblich aufgelösten Vereinigung ›Inferno Cottbus 99‹«, so Mörke. Man habe den Beschuldigten bisher neun Straftaten zuordnen können. Bei weiteren 39 Straftaten, darunter Verstöße gegen das Waffengesetz und das Arzneimittelgesetz, Sachbeschädigung und Körperverletzung, die bislang nicht im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen eine kriminelle Vereinigung standen, erwarte man nunmehr neue Beweise. Sichergestellt und im Innenministerium gezeigt wurden Messer, Macheten, Schlagwaffen, Gaspistolen, Elektroschocker, NS-Literatur, rechte Tonträger, Sturmhauben und Pyrotechnik, szenetypische Kleidung, Elektronik und Speichermedien.
Wie der Innenminister betonte, haben die Sicherheitsbehörden das Milieu aus Hooligans, Kampfsportlern und Rechtsextremisten mit Schwerpunkt Südbrandenburg, das vielfältige Überschneidungen aufweise, in den letzten Jahren nie aus dem Blick gelassen. »Der Rechtsstaat weiß sehr wohl mit solchen Herausforderungen umzugehen und hat mit den gestrigen Maßnahmen ein sehr deutliches und zugleich notwendiges Zeichen gesetzt.« Der Minister kündigte die Einrichtung eines speziellen Sicherheitszentrums bei der Polizeidirektion Süd in Cottbus an. Er stellte aber auch klar, dass die Stadt und vor allem ihr Oberbürgermeister, Holger Kelch (CDU), dafür in der Verantwortung, in Cottbus ein politisches Klima zu schaffen, das verhindert, dass die rechtsextreme Subkultur neuen Nachwuchs findet.
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