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Der »Geheimdienst des Volkes«

Wikileaks macht seit einem Jahrzehnt von sich Reden - erstmals sorgte die Plattform mit dem Video eines US-Kampfeinsatzes in Irak für Aufsehen

  • Lesedauer: 3 Min.

Paris. Vor fast einem Jahrzehnt wurde sie gegründet und noch immer ist ihr Name in aller Munde: Mit Veröffentlichungen geheimer US-Dokumente zu den Kriegen im Irak und Afghanistan sorgte die Enthüllungsplattform Wikileaks 2007 für Wirbel. 2010 zitterten Regierungen rund um den Globus vor der Veröffentlichung brisanter Details aus der Welt der Diplomatie. Mit der Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange am Donnerstag in der Botschaft Ecuadors in London steht die Enthüllungsplattform erneut im Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit.

Gründung und Leitidee

Assange gründete Wikileaks 2006. Ziel der Plattform war es nach eigenen Angaben stets, Missstände öffentlich zu machen und Regierungen zu mehr Transparenz zu zwingen. Ihre Informationen erhielt sie in der Regel von anonymen Quellen. Ein Wiki bezeichnet ein für Nutzer offenes Online-System, »Leak« bedeutet auf deutsch Leck und bezeichnet undichte Stellen bei Behörden, über die geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.

Große Enthüllungen

Weltweit sorgte Wikileaks 2010 mit der Veröffentlichung eines Videos für Bestürzung, das den tödlichen Beschuss von mehreren irakischen Zivilisten durch einen US-Kampfhubschrauber aus dem Jahr 2007 zeigt. Bei dem Angriff, der mit der Bordkamera des angreifenden Apache-Hubschraubers aufgezeichnet wurde, starben mehrere Zivilisten. Von Juli bis Oktober veröffentlicht Wikileaks rund 470.000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250.000 Dokumente kamen später hinzu.

Doch schon vorher hatte Wikileaks für Aufsehen gesorgt. So veröffentlichte die Internetseite, die sich selbst als »ersten Geheimdienst des Volkes« bezeichnet, interne Dokumente des Erdölkonzerns Trafigura über einen tödlichen Giftmülltransport in die Elfenbeinküste. Wikileaks stellte zudem Richtlinien der US-Armee für das umstrittene Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba ins Netz.

Kritik und Irrwege

Die Entscheidung von Wikileaks, im entscheidenden Moment des US-Präsidentschaftswahlkampfes im Jahr 2016 zehntausende E-Mails aus der Demokratischen Partei zu veröffentlichen, schadete dem Ruf der Plattform. Viele der E-Mails stammten aus dem Wahlkampfteam von Hillary Clinton. Vorwürfe der CIA, russische Agenten hätten die E-Mails an Wikileaks weitergereicht, wies die Enthüllungsplattform zurück. Die Freude über die geleakten E-Mails war zumindest bei einem groß: dem späteren republikanischen Wahlsieger Donald Trump.

Doch schon zuvor hatten sich frühere Verbündete von der Organisation abgewandt. So warfen der »Guardian«, die »New York Times«, »El País«, der »Spiegel« und »Le Monde« Wikileaks vor, Telegramme aus dem US-Außenministerium in ungeschwärzter Form geleakt hatte. Sie kritisierten, das Vorgehen könne Quellen in Gefahr bringen.

Vorwürfe gegen Assange

Besonders schadeten dem Ansehen der Plattform jedoch Vorwürfe gegen Assange. Assange war 2012 in die Botschaft in London geflohen, um einer Auslieferung an Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen zu entgehen. Er hatte Angst, von Schweden aus an die USA überstellt zu werden. Die Stockholmer Staatsanwaltschaft legte den Fall 2017 zu den Akten.

Prominente Unterstützer

Als Hauptquelle gilt die ehemalige US-Soldatin Chelsea Manning. Manning hatte hunderttausende Unterlagen von Militärrechnern heruntergeladen und 2010 der Enthüllungsplattform zugespielt. Manning wurde festgenommen und im August 2013 zu 35 Jahren Haft verurteilt. Mitte Mai 2017 kam sie vorzeitig auf freien Fuß.

Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der 2013 die massiven Spähprogramme des US-Geheimdienstes NSA enthüllt hatte, nutzte für seine Enthüllungen zwar nicht Wikileaks, die Plattform und er stärkten sich aber immer wieder gegenseitig den Rücken. Snowden ging im Sommer 2013 nach der NSA-Enthüllung nach Russland ins Exil. AFP/nd

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