LINKE verheißt sorgenfreies Leben

Spitzenkandidaten präsentieren Entwurf für das Programm zur Landtagswahl

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

»Im Zentrum steht, in allen Teilen Brandenburgs gleichwertige Lebensverhältnisse zu sichern, um allen Brandenburgern ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen.« Darunter tut es die Landtagsabgeordnete Kathrin Dannenberg (LINKE) nicht, als sie am Donnerstagmorgen in Potsdam die Zielrichtung ihrer Partei für die Zeit nach der Landtagswahl am 1. September umschreibt.

Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter sind die Spitzenkandidaten der Sozialisten. Gemeinsam stellten sie am Donnerstag den Entwurf für das Wahlprogramm vor. Am 15. Juni soll das Wahlprogramm auf einem Parteitag im Schönefelder Airporthotel »Holiday Inn« beraten und beschlossen werden.

Die LINKE will ...

die Ostrenten ans Westniveau angleichen

eine gesetzliche Rente bei mindestens 53 Prozent des vorherigen Lohns

eine Mindestrente von 1050 Euro

eine Senkung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre

keine Privatisierung von Grund und Boden

Kleingartenanlagen schützen

das Alter für die Einschulung wieder auf sechs Jahre anheben

Einen Mobilitätszuschuss von 50 Euro pro Monat für Auszubildende und eine bundesweite Mindestausbildungsvergütung von etwa 635 Euro monatlich im ersten Lehrjahr

kein »Werben fürs Sterben«, also die Bundeswehr konsequent aus den Schulen heraushalten

keine Kampfflugzeuge bei der Luftfahrtausstellung ILA in Schönefeld

die Rückmeldegebühr der Hochschulen abschaffen

keinen Braunkohletagebau Welzow-Süd II. af

»Wir wollen ein Land, in dem Reichtum das ist, was allen gehört: öffentliche Bildung, Gesundheit, saubere Umwelt, Kultur. In dem Wohnen für alle bezahlbar ist. In dem Natur und Klima geschützt und unsere Ressourcen nicht verschwendet werden«, steht im Entwurf. »Wir wollen ein Land, in dem alle Menschen gleichberechtigt zusammenleben und an den demokratischen Entscheidungen beteiligt sind - unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten und Interessen, ihrer Herkunft und sozia᠆len Stellung, ihrem Geschlecht, Alter oder ihrer sexuellen Orientierung.«

Die brandenburgische LINKE anerkennt durchaus und begrüßt auch ausdrücklich »viele positive Seiten«, die der Umbau der ostdeutschen Gesellschaft nach 1990 gehabt habe. Doch auch die Kehrseite dürfe nicht verschwiegen werden: »Materielle Enteignung, kulturelle Deklassierung und soziale Abwertung prägen viele ostdeutsche Lebenserfahrungen und Biografien. Die Treuhandanstalt hat das Volkseigentum der DDR zugunsten westdeutschen Kapitals umverteilt, Industriezweige abgewickelt, Wertschöpfungspotenziale und Einnahmen in den Westen umgeleitet.« Die LINKE fordert einen Untersuchungsausschuss im Landtag, der aufarbeitet, was die Treuhand, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) angerichtet haben.

Nicht nur allgemein verspricht die LINKE viel, sondern auch ganz konkret - zum Beispiel einen Mindestlohn von 12,63 Euro pro Stunde, der bereits zum 1. Januar 2020 eingeführt werden soll. Wer seinen Beschäftigten weniger zahlt, hätte dann künftig keine Chance mehr, im Land Brandenburg öffentliche Aufträge zu erhalten. Eine Landeswohnungsbaugesellschaft soll für bezahlbare Quartiere sorgen, wo Wohnungsgenossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen dazu nicht in der Lage sind. Der Meisterbrief im Handwerk, genauer gesagt die Ausbildung zum Meister, soll künftig nichts mehr kosten. Brandenburg wäre damit das erste Bundesland, das so weit geht. Perspektivisch soll es einen solidarisch finanzierten fahrscheinlosen Nahverkehr geben, so dass jeder, ohne ein Ticket zu lösen, in ganz Brandenburg Bus und Bahn fahren dürfte. Wie das bewerkstelligt werden kann, soll zunächst einmal diskutiert werden.

Zusammengerechnet würde es 850 Millionen Euro kosten, alle diese Versprechungen zu erfüllen, erläutert Spitzenkandidat Sebastian Walter. Allein 200 Millionen Euro entfallen auf die komplette Abschaffung der Elternbeiträge für die Kitas. Die CDU hat die Kosten ihrer Wahlversprechen mit 650 Millionen Euro beziffert, dabei nach Ansicht von Walter allerdings sehr eng gerechnet. Kathrin Dannenberg fügt zur Rechtfertigung für die 850 Millionen Euro hinzu, es lohne sich, zu investieren.

»Wir wollen ein besseres Ergebnis als beim letzten Mal«, sagt Walter. Bei der Landtagswahl 2014 hatte die LINKE 18,6 Prozent der Stimmen erhalten. Das waren 8,6 Prozent weniger als bei der Wahl 2009, nach der erstmals in Brandenburg eine rot-rote Koalition gebildet wurde. Für den Absturz hatten aber auch persönliche Verfehlungen gesorgt. So hatte der Landtagsabgeordnete Peer Jürgens mit der Angabe falscher Wohnsitze unberechtigt rund 86 000 Euro Fahrtkosten und Mietzuschüsse kassiert. Die juristische Klärung zog sich über Jahre hin.

»Wir hatten nicht immer den besten Auftritt, wir haben aus den Fehlern gelernt«, beteuert Sebastian Walter. Zuletzt lag sein Landesverband in einer am 9. April veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap bei 16 Prozent.

Ob die LINKE wirklich unbedingt besser mit der SPD klarkommen würde als mit der CDU, und für welches Ministeramt er zur Verfügung stehen würde, will Walter nicht sagen. »Wir werden es anders machen als die anderen Parteien«, versprach er, und meinte damit das Gerangel um Posten. »Sie können mir vertrauen. Ich werde keine Koalition eingehen, die das Thema der Tarifbindung nicht anpackt.« Nur 18 Prozent der Betriebe in Brandenburg zahlen Tarif, landeseigene und die kommunalen Betriebe herausgerechnet, seien es sogar deutlich unter zehn Prozent, bemängelt Walter. Kommentar Seite 11

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.