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Bürgermeisterwahl in Biesenthal
Am 26. Mai wird in Brandenburg über 271 ehrenamtliche und zwei hauptamtliche Rathauschefs entschieden
Die Mensa der Grundschule Biesenthal ist am Dienstagabend bis auf den letzten Platz gefüllt. Einige Gäste hocken sich auf die Fensterbänke. Mehr als 120 Einwohner der Kleinstadt im Kreis Barnim möchten hören, was die vier Kandidaten für die Bürgermeisterwahl am 26. Mai zu sagen haben.
- Bei der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 werden in Brandenburg nicht nur Kreistagsabgeordnete, Stadtverordnete und Gemeindevertreter bestimmt, sondern auch 271 ehrenamtliche und zwei hauptamtliche Bürgermeister gewählt. Insgesamt sind 8937 Funktionen zu besetzen.
- Ob ein Bürgermeister hauptamtlich oder ehrenamtlich beschäftigt wird, hängt in Brandenburg davon ab, ob die Kommune zu einem Amt mit einem Amtsdirektor gehört oder nicht. Große Gemeinden können durchaus einen hauptamtlichen Bürgermeister haben, der alle acht Jahre gewählt wird. Kleine Gemeinden und Kleinstädte müssen sich mit einem ehrenamtliche Bürgermeister begnügen, der alle fünf Jahre durch die Wähler bestimmt wird.
- Seit 1544 sind die Namen der Bürgermeister von Biesenthal überliefert. af
Eine Kandidatin gibt es: Margitta Mächtig (LINKE). Mit Humor stellt sie sich vor: »Mein Name ist Mächtig. Manche sagen, ich heiße nicht nur so.« Das ist eine Anspielung auf ihre ganze Erscheinung, ihre resolute Art, die mit der Berliner Charakterbezeichnung »Herz mit Schnauze« gut beschrieben ist.
Pionierleiterin und Lehrerin ist Mächtig einst gewesen. Die Politik war ihr Hobby, das sie 1995 zum Beruf machte - zunächst als Geschäftsführerin des Kommunalpolitischen Forums, dann als Landtagsabgeordnete. Doch bei der Landtagswahl am 1. September tritt sie nicht erneut an. Stattdessen will sie am 26. Mai zur ehrenamtlichen Bürgermeisterin gewählt werden. Besser gesagt am 16. Juni, denn das wäre der Tag der Stichwahl - an dem es sich vermutlich zwischen ihr und dem gegenwärtigen Bürgermeister Carsten Bruch (CDU) entscheiden wird.
Die Ausgangslage von Margitta Mächtig ist gut. Die LINKE gewann bei der Kommunalwahl im Mai 2014 sechs der 18 Sitze in der Stadtverordnetenversammlung, die CDU als zweitstärkste Kraft nur vier. Damals trat der ehrenamtliche Bürgermeister André Stahl (LINKE) konkurrenzlos an und wurde in seiner Funktion bestätigt. Er wäre heute noch Bürgermeister von Biesenthal, wenn er nicht im September 2014 die Chance ergriffen hätte, hauptamtlicher Bürgermeister von Bernau zu werden. Eine Weile war Stahl parallel Chef in zwei Rathäusern, Anfang 2015 wählten die Stadtverordneten von Biesenthal einen Nachfolger, so wie es üblich ist, wenn ein ehrenamtlicher Bürgermeister vorzeitig geht.
Stahl wohnt weiterhin in Biesenthal und pendelt nach Bernau. Am Dienstagabend sitzt er im Publikum. Er erwarte einen Zweikampf zwischen Margitta Mächtig und Carsten Bruch, mit leichtem Vorteil für die Sozialistin in der Stichwahl, sagt er. Gemessen am Applaus in der Grundschule scheint das eine realistische Einschätzung zu sein.
Es gibt aber doch noch zwei andere Bewerber: den 47-jährigen Ingenieur für Nachrichtentechnik Detlef Klix (Freie Wähler) und den 29-jährigen Soziologiestudenten David Kenzler (SPD), der sich selbst als »die größte Unbekannte« im Bürgermeisterwahlkampf bezeichnet. Bei der an alle Kandidaten gerichteten Standardfrage, was sie mit dem Titel Naturparkstadt Biesenthal verbinden, schießt sich der junge Mann ein Eigentor. Er sagt, er wolle hier dereinst seinen Lebensabend genießen, »wenn es dann noch ein Rentensystem gibt«. Das fordert Reaktionen der politischen Konkurrenz geradezu heraus. Margitta Mächtig schaut Kenzler nur von der Seite an und schmunzelt, Detlef Klix entfährt es halblaut: »Mit der SPD nicht.« Die Zuhörer lachen.
So unterschiedlich sind die Ziele der Parteien für Biesenthal gar nicht, hat Margitta Mächtig festgestellt, nachdem sie die Programme studierte. »Eigentlich wollen wir alle das Gleiche«, sagt sie. In der Kommunalpolitik ist dies keine Seltenheit. Natürlich gebe es Differenzen bei den Prioritäten, meint Mächtig. Außerdem kommt es auf die Persönlichkeit der Bürgermeisterkandidaten an in einer Stadt mit knapp 6000 Einwohnern, in der fast jeder jeden kennt.
Alle Stadtverordneten duzen sich und gehen nach so mancher Sitzung noch zusammen Bier trinken, um weiter zu debattieren. Konflikte bereits vorher auszudiskutieren, hielte Margitta Mächtig für besser. Anders als Carsten Bruch wolle sie als Bürgermeisterin bereits im Vorfeld von Entscheidungen nach Gemeinsamkeiten und Kompromissen suchen, sagt sie, und nicht einfach auf geschmiedete Bündnisse und daraus resultierende Mehrheiten vertrauen. Mit diesem Stil möchte sie an die Vorgehensweise des früheren Bürgermeisters André Stahl anknüpfen.
In der Mensa der Grundschule dürfen sich die Bürger zu Wort melden oder ihre Fragen an die Kandidaten aufschreiben. Gefragt wird beispielsweise nach möglicher Unterstützung für eine alternative Waldkita, bei der die Kinder immer draußen unterwegs sind.
Carsten Bruch und Margitta Mächtig finden die Idee im Prinzip nicht schlecht. Doch vordringlich ist für sie der Neubau einer regulären Kita mit 80 Plätzen, weil es da ein Defizit gibt. Auch soll eine Turnhalle entstehen. Danach sei die Stadtkasse »erst einmal leer«, bedauert Bürgermeister Bruch, im Moment keine finanzielle Unterstützung für den Waldkindergarten versprechen zu können. Den 41-jährigen Katholiken zieht es übrigens in den Landtag, für den er am 1. September kandidiert, während Margitta Mächtig das nicht wieder tut.
Carsten Bruch hat den Elektromarkt »Fernseh Hannes« von seinem Vater übernommen und 2017 mit einer Firma fusioniert, in der er jetzt Geschäftsführer ist. Unternehmen zu fördern, ist dem Unternehmer wichtig. Den Stadtkern würde er gern beleben, denn dort stehen einige Geschäfte leer. Die Kaufkraft wäre da. Doch von den Berufstätigen pendeln 70 Prozent zur Arbeit, meist nach Berlin, und machen dann gleich dort ihre Besorgungen. Das ist der Grund, warum es tagsüber in Biesenthal sehr ruhig ist.
Angeregt wird, nach dem Vorbild von Konstanz den Klimanotstand auszurufen. Aber da sind sich die vier Kandidaten einig. Das möchten sie nicht. Margitta Mächtig springt als erste auf, um deutlich zu unterstreichen, dass ein selbst aufgeklebtes Siegel Klimanotstand eine »Negativwerbung« für die Stadt im Naturpark Barnim wäre, deren grünen Charakter sie unbedingt erhalten will. Schließlich ist sie einst wegen der schönen Landschaft hergezogen und hat einen Reiterhof mit aufgebaut. Was gemeint ist, weiß sie wohl. Etwas für das Klima zu tun, ist nicht verkehrt. Doch da sei das Gespräch mit jedem einzelnen Hausbesitzer zu suchen. Sei er bereit, eine Solaranlage zu installieren, ja oder nein? Die Turnhalle zumindest soll Solarzellen aufs Dach montiert bekommen.
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