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Der Staat muss mit weniger Geld auskommen
Laut Steuerschätzung fehlen Bund, Ländern und Gemeinden bis 2023 insgesamt 124,3 Milliarden Euro
Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz sind die Zahlen, die er am Donnerstag präsentierte, »viel Geld«, aber etwas, das man »gut bewältigen« könne: 74,1 Milliarden Euro weniger als noch vergangenen Herbst geschätzt werden Bund, Länder und Gemeinden aufgrund der schlechteren Konjunktur bis 2023 an Einnahmen zur Verfügung haben. Dies prognostiziert der Arbeitskreis Steuerschätzung, der von Dienstag bis Donnerstag in Kiel tagte.
Rechnet man die Effekte von Maßnahmen wie dem Starke-Familien-Gesetz und dem Abbau der sogenannten kalten Progression hinzu, beläuft sich das Minus auf insgesamt 124,3 Milliarden Euro. Allein für den Bund sind es in diesem Jahr knapp zehn Milliarden. Dennoch sieht Scholz vorerst keinen Grund zum Handeln. »Bund und Länder können auch in den nächsten Jahren mit ordentlichen Steuereinnahmen rechnen«, sagte der SPD-Mann. Er geht davon aus, dass es in der Wirtschaft im kommenden Jahr wieder besser laufen wird.
Angesichts der sich eintrübenden Konjunktur wird die Verteilungsfrage schon länger wieder heftiger diskutiert. Vor allem in der Union und der Unternehmerlobby wird der Ruf nach Steuersenkungen und Kürzungen im sozialen Bereich immer lauter. »Gerade bei schwieriger Haushaltslage müssen wir die Prioritäten richtig setzen: Mehr Leistung durch weniger Umverteilung ist das Gebot der Stunde«, verlangte der Unionshaushälter Axel Fischer (CDU).
Gewerkschaften und Sozialverbände fordern von Scholz, nicht klein beizugeben. »Ich kann nur davor warnen, jetzt den Rotstift zu zücken und die Staatsausgaben zusammenzustreichen«, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell am Donnerstag der »Saarbrücker Zeitung«. Mit einer neuen Sparpolitik würde die Lage nur verschlimmert. Wenn Scholz die öffentlichen Kassen schonen wolle, müsse er »Steuergeschenken für Reiche und Unternehmen eine Absage erteilen«.
»Wenn die Bundesregierung auch künftig noch Politik gestalten und nicht nur den Mangel verwalten will, braucht es schlicht mehr Steuereinnahmen«, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider. Ohne gezielte und deutliche Investitionen werde der Sozialstaat in Zukunft nicht mehr funktionieren. Ohne den Mut zur Umverteilung blieben alle Pläne für eine anspruchsvolle Sozial-, Bildungs- und Pflegepolitik Makulatur.
Ähnlich sieht man es auch bei der LINKEN. »Löhne, Renten und öffentliche Investitionen müssen rauf, nicht die Unternehmenssteuern runter«, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Bundestag, Fabio De Masi. Scholz müsse den öffentlichen Investitionsstau auflösen und die Binnenwirtschaft stärken, um unabhängiger von der Weltwirtschaft zu werden.
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