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Drei Millionen für LGBT-Rechte und gegen Bolsonaro
Bei der weltgrößten LGBT-Pride-Parade in São Paulo wurde auch gegen den homofeindlichen Präsidenten demonstriert
São Paulo. Für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans*menschen (LGBT) haben am Sonntag (Ortszeit) in São Paulo nach Angaben der Organisatoren mehr als drei Millionen Menschen demonstriert. Sie nahmen an der 23. Auflage der LGBT-Pride-Parade teil, wie die Tageszeitung »Folha de São Paulo« berichtete. Dabei wurden im Zentrum der Millionenmetropole zahlreiche Plakate gegen den rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro hochgehalten, der mehrfach durch homo- und transphobe Aussagen für Empörung gesorgt hatte. Unter anderem hatte er erklärt, es wäre ihm lieber, sein Sohn wäre tot als schwul.
Die Parade sei wichtig angesichts eines »homophoben Präsidenten«, sagte der Abgeordnete David Miranda von der Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL) laut »Folha de São Paulo« in einem Redebeitrag. Die ehemalige Bürgermeisterin der Stadt, Marta Suplicy, betonte der Zeitung zufolge, die Parade sei ein »Kampf gegen den zivilisatorischen Rückschritt«.
Der 27-jährige Demonstrant Felipe Ferreira erklärte, LGBT-Menschen seien außerhalb der großen Städte großer Gefahr ausgesetzt. »Schon wenn Du Deinen Partner an die Hand nimmst, könnte Dich das Dein Leben kosten«, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Vor kurzem hatte das Oberste Gericht in Brasilien Homophobie zur Straftat erklärt. Verbrechen aus Hass gegen Homosexuelle sollen demnach mit einer Gefängnisstrafe von einem bis zu fünf Jahren geahndet werden. Bolsonaro nannte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes »komplett falsch«. Damit werde die Voreingenommenheit gegen Homosexuelle gefördert, meinte Bolsonaro.
Aktivisten der Homosexuellenbewegung hatten schon lange gefordert, Homophobie als Hassverbrechen anzuerkennen. In den vergangenen Jahren haben in Brasilien Anfeindungen und Verbrechen gegen Lesben, Schwule und Transgender zugenommen, wie die Organisation Grupo Gay de Bahia (GGB) berichtet. Im vergangenen Jahr seien 420 Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder -Identität ermordet worden. Der linke Politiker Jean Wyllys, der als einziger Abgeordneter im Parlament seine Homosexualität öffentlich gemacht hat, musste nach Morddrohungen ins Ausland fliehen.
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Bolsonaro hat immer wieder den Hass gegen Afrobrasilianer, Homosexuelle und Indigene geschürt. Im Parlament stellen Evangelikale eine der größten Gruppen. Auch sie lehnen Homosexualität ab. Verschiedene Abgeordnete wie der Pastor Marco Feliciano präsentierten Gesetzesvorhaben zur »Heilung von Homosexuellen«. Gleichzeitig sind in Brasilien die gleichgeschlechtliche Ehe und das Recht auf Adoption für homosexuelle Paare gesetzlich erlaubt.
Die LGBT-Pride-Parade in São Paulo ist die größte der Welt. Dieses Jahr fand sie unter dem Motto »50 Jahre seit Stonewall« statt, ein Verweis auf die Proteste Homosexueller rund um die bekannte Schwulenbar Stonewall Inn in New York Ende der 60er Jahre. 19 Musikwagen fuhren durch Brasiliens Wirtschaftsmetropole, zu den auftretenden Künstlern gehörte unter anderem Spice Girl Mel C. Auch in vielen anderen Ländern fanden am Wochenende Gay-Pride-Paraden statt, darunter Chile, Mexiko, Costa Rica, Ukraine, Rumänien, Griechenland und Indien. In Istanbul ist die Parade zum fünften Mal in Folge verboten. nd/Agenturen
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