Parteisoldat

Personalie: Grünen-Politiker Tobias Lindner hat keine Gewissensbisse mehr.

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Ob Tobias Lindner heute freiwillig zur Bundeswehr gehen würde, wäre er noch mal frischgebackener Abiturient? Auf jeden Fall hat der Grünen-Verteidigungspolitiker nach seinem Schulabschluss lieber Zivildienst als den Dienst an der Waffe geleistet. Doch nun gab der 37-jährige Bundestagsabgeordnete im Interview mit der »Welt« an, seine Verweigerung zurückgenommen zu haben, weil ihn »Gewissensgründe nicht mehr daran hindern, in der Bundeswehr zu dienen«.

Wer sich nun fragt, wer Tobias Lindner ist: Er war vergangene Woche auf reichlich Pressefotos als Sidekick von Cem Özdemir zu sehen. Beide in Camouflage. Die zwei Politiker machten ein fünftägiges Praktikum am Bundeswehrstandort Munster. Dafür musste Lindner auch seine Verweigerung zurücknehmen. Ziel der Übungen war es, so wurde in der kritischen Öffentlichkeit gemunkelt, zu vermitteln, dass die grüne Partei nach ihrem Wahlerfolg so regierungsfähig ist, dass sie mit der Bundeswehr kein Problem mehr hat.

»Gewaltfreiheit gehört zu den Gründungsprinzipien der Grünen«, meint denn auch Lindner, der 1998 Parteimitglied wurde, just in dem Jahr also, als die Grünen eine Koalition mit Gerhard Schröders SPD eingingen, und ein Jahr, bevor sie mit ihrem Ja zum Kosovo-Einsatz dem ersten Kriegseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr zustimmten. Wen wundert es also, wenn der studierte Volkswirt Lindner heute »Militär kann notwendig sein« sagt?

Lindner freut sich jedenfalls, dass er die Bundeswehr nun auch von innen kennenlernen konnte, nachdem er ihr in seinen acht Jahren als Abgeordneter quasi nur von außen auf die Finger schauen durfte. Bei seinem Praktikum will er zu ganz neuen Erkenntnissen gekommen sein: Dass etwa Befehl und Gehorsam nicht unbedingt etwas Negatives sein müssen, es könne sogar etwas mit Fürsorge zu tun haben. Zum Beispiel, wenn einem der Vorgesetzte zu trinken befiehlt, weil es heiß ist. Die Frage ist nur, ob Lindner so auch noch über die Befehlskette denken würde, wenn ihm sein Vorgesetzter in einem Kriegseinsatz den Schießbefehl erteilen würde.

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