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Den Frieden kaufen
USA wollen Palästina-Konflikt mit Geld lösen.
Der Israel-Palästina-Konflikt gilt als eine Königsdisziplin der internationalen Diplomatie: Viele Politiker haben sich, auf einen Platz in den Geschichtsbüchern schielend, an einer Lösung versucht, und viele sind gescheitert. Zu facettenreich ist dieser seit mehr als einem Jahrhundert gewachsene Konflikt, zu vielfältig sind die Interessen, zu gespalten ist auch die Öffentlichkeit in westlichen Ländern. Die einen stehen auf der israelischen Seite, die anderen sind den Palästinensern zugeneigt: »Man muss jederzeit mit Gegenwind auch im eigenen Land rechnen, und das ist schlecht, wenn man Wahlen gewinnen will«, sagte Tony Blair, ehemaliger britischer Regierungschef und ab 2007 Sondergesandter des Nahost-Quartetts, eine Gruppe aus UNO, USA, Europäischer Union und Russland, die die Vermittlung zwischen Israelis und Palästinensern zum Ziel hatte. Auch dies kann wohl als gescheitert bezeichnet werden.
»Die Diplomaten verschwenden unsere Zeit«, sagt Jared Kushner, Schwiegersohn und Chefberater des amerikanischen Präsidenten Donald Trump: »Sie sagen immer das gleiche und bieten die gleichen Lösungen an.« Anfang der Woche reiste er mit großer Delegation aus Ministern, hochrangigen Beamten und Wirtschaftsvertretern, allesamt enge Trump-Freunde, nach Manamah, Hauptstadt des Inselstaats Bahrain, um bei einem zweitägigen »Workshop« seinen Lösungsansatz vorzustellen: Viel Geld solle in die wirtschaftliche Entwicklung der Palästinensischen Gebiete investiert werden, heißt es in seinem »Frieden zu Wohlstand« überschriebenen 136-seitigen Plan.
50 Milliarden Dollar sollen es innerhalb von zehn Jahren werden, von denen aber nur 28 Milliarden ins Westjordanland und Gaza fließen sollen. Der Rest geht nach Ägypten, Jordanien und in den Libanon. Was genau das mit den Palästinensern zu tun hat, ist unklar. Die Erwartungen sind ohnehin gedämpft: Israels Regierung wurde - je nachdem, wen man fragt - entweder nicht eingeladen oder hat abgesagt. Die Palästinenser blieben ebenfalls fern. Bahrain, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Saudi-Arabien, Ägypten, Marokko und Jordanien haben zwar Delegationen geschickt, doch nur aus Saudi-Arabien und den VAE wurden Minister entsandt. Dafür aber reiste Tony Blair an - und FIFA-Chef Gianni Infantino, was für einige Verwunderung sorgte.
Die offizielle palästinensische Regierung und die Hamas, die den Gazastreifen regiert, lehnen den Plan strikt ab. Sie werfen dem Weißen Haus vor, ihnen den eigenen Staat für eine Handvoll Dollar abkaufen zu wollen. In den arabischen Staaten sehen viele das ähnlich. Denn in Kushners Plan ist keine Rede von der Zwei-Staaten-Lösung. Man wolle die Dinge nicht politisieren, sich zunächst auf wirtschaftliche Fragen konzentrieren, sagen Sprecher des Weißen Hauses. Der politische Teil des Planes solle »zur richtigen Zeit« veröffentlicht werden, so Kushner. Wann das sein wird oder wie es mit der Zwei-Staaten-Lösung weitergehen soll, sagte er nicht.
»Der nächste heiße Börsengang«
Ansonsten jedoch haben Kushner und US-Finanzminister Steven Mnuchin kein Problem mit starken Worten: »Man sollte den Plan nicht Deal des Jahrhunderts, sondern Möglichkeit des Jahrhunderts nennen«, sagte Kushner zu Beginn des Treffens, »der israelisch-palästinensische Konflikt ist lösbar, wirtschaftlich.« Und Mnuchin erklärt kurz darauf sogar: »Investitionen in den palästinensischen Gebieten werden bald wie der nächste heiße Börsengang sein.«
Allerdings: Allein im Gazastreifen wurden von der internationalen Gemeinschaft seit 1995 mindestens 20 Milliarden Euro investiert, Zahlungen für humanitäre Hilfen nicht mit eingerechnet. Von Dubai und Singapur, die der Plan als Vorbilder nennt, ist Gaza für jeden sichtbar weit entfernt.
Zumindest Kushner und die Vertreter der arabischen Staaten in Manamah haben auch eine deutliche Meinung dazu, warum das so ist: Immer wieder loben Sprecher den Geschäftssinn der Palästinenser, die gute Ausbildung, um dann zu bedauern, dass die Menschen dieses Potenzial nicht entfalten könnten, weil sie durch Korruption, Intransparenz und einen mangelhaften Rechtsstaat daran gehindert würden. Kushner: »Man macht Israel und den Rest der Welt für alle Probleme der Palästinenser verantwortlich, während in der Realität alles möglich ist, wenn die palästinensische Regierung nur die notwendigen Reformen vornimmt.«
Und ja: Die Amtszeit von Präsident Mahmud Abbas und die Legislaturperiode des Parlaments, das ohnehin nur selten tagte, sind schon vor Jahren abgelaufen; Abbas und die Hamas gehen in ihren Landesteilen brutal gegen Kritiker vor. Die Entscheidungsstrukturen sind undurchschaubar. Aber das ist eben nur ein Teil der Geschichte. Die palästinensische Regierung, die Hamas-Führung machen indes die durch Israel und Ägypten verhängte Blockade des Gazastreifen und die israelische Besatzung des Westjordanlandes für die Lage verantwortlich.
Doch ist Blair in diesen beiden Tagen der einzige Redner, der auf diese Komplexität hinweist und sich zur Zwei-Staaten-Lösung bekennt. »Politik ist erforderlich, damit die Wirtschaft wachsen kann,« sagte er. »Es ist töricht zu glauben, dass man wirtschaftliche Entwicklung ohne verantwortungsvolle Politik erreichen kann. Aber es ist noch törichter zu glauben, dass man den politischen Aspekt erreichen kann, ohne ihn mit einem Wirtschaftsplan zu untermauern.«
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