Es gibt kein Bier in Themar

Ringen um Behördenauflagen vor dem nächsten Hasskonzert der Rechten in Südthüringen

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 4 Min.

Wenn in wenigen Tagen wieder Hunderte, vielleicht Tausende Neonazis aus Deutschland und Europa nach Themar kommen, dann werden Einwohner der Stadt, die sich damit nicht abfinden wollen, in diesem Jahr nicht nur von gleichgesinnten Thüringern unterstützt. Selbst aus der Region Frankfurt am Main hätten sich inzwischen Menschen gemeldet, die an den Protesten gegen ein erneutes Rechtsrockkonzert teilnehmen wollten, sagt der Sprecher des Bündnisse für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra, Thomas Jakob. Und auch aus anderen Teilen Deutschlands gebe es Anfragen von Menschen, die den Protest in Themar unterstützen wollten, sagt Jakob. Doch auch aus der 2800-Einwohner-Stadt selbst erhoffe er ein deutliches Zeichen gegen rechts. »Ich würde mich freuen, wenn wir 200 Menschen aus Themar bei uns hätten«, sagt Jakob. Bis er weiß, ob sich dieser Wunsch erfüllt, streiten die Gegendemonstranten noch mit der Versammlungsbehörde.

Derzeit sind nach Angaben eines Sprechers des Thüringer Innenministeriums zwei Versammlungen für den 5. bis 7. Juli in Themar angemeldet - die formal-juristisch betrachtet in mehrere Teilveranstaltungen zerfallen, sodass es auch mehrere Auflagenbescheide gibt. Zum einen gibt es die Anmeldung von Neonazis für eine Kundgebung, die bereits am Freitagabend beginnen und bis Sonntag dauern soll. Dabei seien Redebeiträge angekündigt wie der Auftritt mehrerer rechtsextremer Musikbands. Letzteres ist der eigentliche Anlass für die Anmeldung; Rechtsextreme tarnen ihre Konzerte immer wieder als politische Kundgebungen, um die Spielräume des Versammlungsrechts nutzen zu können. Stattfinden soll die Veranstaltung erneut auf jener Wiese am Rande von Themar, auf der sich 2017 mehr als 6000 Neonazis aus ganz Deutschland und Europa getroffen hatten, um das bis dahin größte Hassfestival auf deutschem Boden nach 1945 zu feiern.

Zum anderen gibt es eben die Anmeldung der Proteste eines Bündnisses gegen das Rechtsrockkonzert. Nach Angaben von Jakob sollen diese Proteste unmittelbar links und rechts neben dem Veranstaltungsgelände der Rechtsextremen stattfinden - weshalb es zwei Versammlungsleiter für die Gegenproteste gibt. Neben Jakob nimmt Diana Hennig diese Rolle ein. Jene Frau also, die vor wenigen Monaten eine Petition beim Thüringer Landtag eingereicht hatte, mit der sie vom Freistaat mehr Engagement im Kampf gegen Rechtsrock gefordert hatte.

Ausgerechnet Hennig ist es, die auch zurückhaltend lobende Worte für das bisherige Agieren der Behörden findet. Es sei gut, dass die Auflagenbescheide für die Versammlungen in diesem Jahr etwa zwei Wochen vor deren Beginn vorlagen und nicht wie in der Vergangenheit erst ganz kurz zuvor, sagt sie. Das sei eine der Forderungen ihrer Petition gewesen. »Das freut mich, auch wenn die Bescheide noch früher hätten fertig sein können.« Immerhin lägen die Anmeldungen für die Versammlungen seit Monaten vor.

Klare Worte fand Themars Bürgermeister Hubert Böse im Vorfeld des Konzerts. »Das, was hier passiert, das, was hier transportiert wird, das ist purer Hass, das ist menschenverachtend.« Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) regte an, Biervorräte aufzukaufen, wie es die Bürger im sächsischen Ostritz vor etwa eineinhalb Wochen getan hatten. »Wenn die das machen, fahre ich dorthin und kaufe privat auch in Größenordnungen Bier«, sagte Maier.

Die Polizei hat unterdessen eine Tankstelle in der Nähe gemietet, wo sich Festivalbesucher in vergangenen Jahren mit Alkohol versorgten, und zu einer Art Hauptquartier gemacht. Damit ist diese Quelle ebenfalls versiegt. Die Auflagen waren nach Angaben des Sprechers des Innenministeriums für alle angemeldeten Versammlungen ähnlich: Sowohl den Neonazis als auch den Gegendemonstranten seien Konsum und Ausschank von Alkohol verboten worden.

Gegen diese Auflage sind die Anmelder vorgegangen - ebenfalls beide Seiten. Bislang hat das Verwaltungsgericht Meiningen das Alkoholverbot für Samstag auf Seiten der Rechtsextremen bestätigt. Die Richter erklärten es ebenfalls für rechtmäßig, dass am Freitag nur Leichtbier ausgeschenkt werden darf. Ob diese Entscheidung vor dem OVG in Weimar Bestand haben wird, war am Mittwoch noch offen. Die Rechten hatten dagegen Rechtsmittel eingelegt. Innenminister Maier sprach schon einmal von einem großen Erfolg, dass das Alkoholverbot bis zu diesem Zeitpunkt vor Gericht Bestand hatte.

Jakob und Hennig sagen, sie gingen unter anderem gegen die Zahl der für ihre Kundgebung angeordneten Toiletten vor - die sie für zu hoch halten. Und auch gegen das Alkoholverbot. Nicht nur, dass man selbst entscheiden wolle, ob man Alkohol ausschenke oder nicht. »Vor allem ist es ein Unding, uns mit den Rechtsextremen über einen Kamm zu scheren«, sagt Jakob. Es gebe nach den Erfahrungen der Vorjahre keinen Grund, bei den Gegendemonstranten aus Sicherheitsgründen ein Alkoholverbot zu verhängen. Dass 2017 während des damaligen Rechtsrockkonzerts Hunderte Rechtsextreme den Hitlergruß gezeigt hatten, sei ein Beispiel, welche Seite regelmäßig durch Straftaten auffalle.

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