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Lichtblick für US-Investoren
IG Metall fordert Erhalt und Ausbau der deutschen Osram-Standorte
Abbruch, das ist der Zustand der ehemaligen Osram-Hauptverwaltung im Münchner Stadtteil Untergiesing. Hier werden Wohnungen entstehen. Die Firmenzentrale ist umgezogen in ein modernes Gebäude im Münchner Norden, ein schickes und repräsentatives Hochhaus aus Glas. Doch während Osram-Chef Olaf Berlien hoch hinaus wollte und 2018 in Malaysia ein großes neues Werk eröffnete, stürzte die Aktie des Leuchtmittelherstellers ab - von 80 auf unter 30 Euro.
Jetzt steht das Traditionsunternehmen Osram mit weltweit 26 000 Mitarbeitern vor dem Verkauf an zwei US-Investoren. Betriebsrat und Gewerkschaft haben grundsätzlich grünes Licht für den Deal gegeben, die IG Metall forderte aber von Vorstand und Eigentümern, sich an den vor zwei Jahren vereinbarten Erhalt und Ausbau der deutschen Standorte zu halten: »Wir erwarten vom Vorstand, dass er die Vereinbarungen für die einzelnen Standorte umsetzt«, sagte der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Johann Horn. Neben dem Osram-Vorstand hatte sich vergangenen Donnerstagabend auch der Aufsichtsrat für die Annahme des Kaufangebots der zwei US-amerikanischen Geldhäuser Bain Capital und Carlyle ausgesprochen. Die beiden Investoren bieten knapp 3,4 Milliarden Euro für Osram, ein traditionsreiches, bereits vor dem Ersten Weltkrieg gegründetes Unternehmen. Die Aktionäre müssen noch zustimmen, die Frist dafür läuft bis Ende September. Bedingung ist, dass die Eigentümer von 70 Prozent der Osram-Anteile zustimmen.
In einer Investorenvereinigung haben die beiden US-Firmen zugesichert, die Standorte »der wesentlichen Unternehmensbereiche« und Arbeitsplätze zu erhalten und Neuinvestitionen zu unterstützen. Carlyle hat seinen Sitz in der US-Bundeshauptstadt Washington und verwaltet 222 Milliarden Dollar Vermögen, die etwa halb so große Bain Capital hat 105 Milliarden Dollar Finanzanlagen in den Büchern stehen und sitzt in Boston. Betriebsrat und IG Metall hatten schon im Februar langfristige Zusagen eingefordert, um eine Zerschlagung der ehemaligen Siemens-Tochter zu verhindern. Die IG Metall hatte in den Gesprächen erreicht, dass die Investoren sich zur Einhaltung von Mitbestimmung und Tarifbindung sowie Dialog mit den Arbeitnehmervertretern verpflichten. »Daher wenden wir uns nicht gegen eine Übernahme durch die Finanzinvestoren und erwarten von ihnen und dem Vorstand, dass sie die getroffenen Verabredungen für einen Zukunftsdialog zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Arbeitsplätze einhalten«, sagte Klaus Abel, Unternehmensbeauftragter der IG Metall für Osram und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender.
Sofern auch die Osram-Aktionäre dem Milliardendeal zustimmen, werden Bain Capital und Carlyle sämtliche der knapp 96,86 Millionen Osram-Anteile für einen Preis von 35 Euro je Aktie übernehmen. Der Vorstand will auch die von Osram selbst gehaltenen 2,66 Millionen Aktien an die US-Amerikaner verkaufen.
Möglich wird die geplante Übernahme wohl nur, weil Osram inzwischen weniger als halb so viel wert ist wie noch Anfang 2018: Damals kostete eine Aktie noch fast 80 Euro. Doch in der Zwischenzeit sind Umsätze und Gewinne eingebrochen. Hauptkunden sind Auto- und Smartphonehersteller, deren Geschäfte zur Zeit nicht gut laufen und die daher auch weniger bei Osram bestellen. Für dieses Jahr rechnet Osram mit einem Umsatzeinbruch von bis zu 14 Prozent. In den vergangenen sechs Jahren Selbstständigkeit hat Osram sehr schwierige Zeiten durchlaufen. Der technologische Wandel in der Beleuchtungsindustrie hat das Unternehmen hart getroffen. Die Glühbirne, die einst den Werbespruch »Osram - hell wie der lichte Tag« inspirierte, ist längst Geschichte. Der größte Teil des Geschäfts mit traditionellen Leuchtmitteln wurde 2016 an einen chinesischen Konzern verkauft. Osram produziert heute hauptsächlich LEDs und Optoelektronik, Hauptabnehmer sind die Auto- und Elektronikindustrie.
Noch Ende 2017 sah die Zukunft rosig aus. Osram eröffnete 2018 ein großes neues Werk in Malaysia und kündigte eine Ausweitung der Produktion an. Doch dann folgte der Einbruch. Die gleichzeitige Schwächephase von Auto- und Smartphone-Herstellern hat Osram schwer in Mitleidenschaft gezogen, denn beide Branchen sind wichtige Kundengruppen.
Unerwartet brachen 2018 die Umsätze ein, auch dieses Jahr sieht es nicht gut aus: Anfang Mai gab Osram eine Gewinnwarnung heraus und senkte die Prognose für 2019. Der Umsatz könnte demnach um elf bis 14 Prozent schrumpfen. Zuvor hatten Vorstandschef Olaf Berlien und seine Kollegen noch auf ein Plus von bis zu drei Prozent gehofft.
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