Mit Tempo 15 durch Wusterhausen

Erster autonomer Kleinbus in Brandenburg soll für besseres Nahverkehrsangebot sorgen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Brotkasten auf Rädern, diesen optischen Eindruck hinterlassen autonome Kleinbusse eigentlich immer, egal wer der Hersteller ist. Doch es geht ja um die Funktion. »Wir wollen die Mobilität in den ländlichen Räumen verbessern. Die Anpassung an die Fahrpläne der anderen Verkehrsträger im öffentlichen Personennahverkehr und die neuen Haltestellen des Busses zeigen, dass autonom fahrende Busse zu einem Baustein im ÖPNV-System werden können«, sagt Ines Jesse (SPD), Verkehrsstaatssekretärin im Brandenburger Infrastrukturministerium, angesichts der Betriebsaufnahme des ersten autonomen Kleinbusverkehrs in der Mark.

In Wusterhausen/Dosse (Ostprignitz-Ruppin) absolviert das Modell EZ 10 des französischen Herstellers Easymile seit Donnerstag seine Runden. Er soll den Bahnhof, an dem die Linie RB 73 den Ort mit Neustadt/Dosse und Pritzwalk verbindet, zunächst an den Ortskern sowie einen Supermarkt anbinden. In einer späteren Testphase sollen auch ein Wohngebiet im Norden des Ortes sowie ein Campingplatz angefahren werden. Dann soll der Kleinbus autonom insgesamt 19 Haltestellen in der etwas über 5800 Einwohner zählenden Gemeinde anbinden. Bislang gibt es sieben Haltestellen.

Die Fahrgäste müssen allerdings etwas Geduld mitbringen, denn der Bus wird zunächst mit Tempo 15 durch die Straßen schleichen. Diese niedrigen Geschwindigkeiten sind nach wie vor üblich, denn das autonome Fahren auf öffentlichen Straßen ist technisch wesentlich anspruchsvoller, als gemeinhin in der Öffentlichkeit angenommen wird. In der Regel muss die gesamte Fahrstrecke sehr genau programmiert werden. Immerhin soll die Höchstgeschwindigkeit nach und nach auf schwindelerregende 25 Kilometer pro Stunde gesteigert werden.

Begleitet wird der Probebetrieb von speziell geschulten Busfahrern, die das System zum autonomen Fahren überwachen. Ohne menschliche Hilfe kommen autonome Busse oft nicht vom Fleck. Schon eine aufgeblähte Plastiktüte auf der Fahrbahn kann als Hindernis wahrgenommen werden. Die bis zu sechs Fahrgäste sollten sich also stets gut festhalten - die Busse bremsen häufig und oft unerwartet.

Autonome Busse hätten das Potenzial, »das Netz aus Bussen, Rufbussen und Bahnen sehr gut zu ergänzen«, ist Staatssekretärin Jesse überzeugt. Dafür wird es allerdings noch viel Forschung brauchen. Das Brandenburger Pilotprojekt wird jedoch schon im Juni 2020 auslaufen. Dann endet das rund zwei Millionen Euro teure Forschungsvorhaben, das vom Bund mit knapp 1,6 Millionen Euro bezuschusst wurde. Koordiniert wird es von der Technischen Universität Berlin.

Eigentlich hätte es schon im Oktober 2018 mit dem Betrieb losgehen sollen, doch das Fahrzeug traf erst im April 2019 ein. Es schlossen sich aufwendige Tests und Zulassungsprozeduren an, denn rechtlich ist autonomes Fahren auf öffentlichen Straßen noch nicht vorgesehen. Die Akzeptanz der neuen Mobilitätsoption soll eine mehrstufige Befragung durch die Technische Universität Dresden in Erfahrung bringen.

Der erste autonome Kleinbus auf öffentlichen Straßen verkehrt seit Oktober 2017 im niederbayerischen Bad Birnbach. Er wird von der Deutsche-Bahn-Tochter ioki betrieben.

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