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Identitäre scheitern an Halle
Aufmarsch der Rechtsextremen in Sachsen-Anhalt scheitert / Bis zu 3000 Gegendemonstranten bei Kundgebungen in der gesamten Stadt
Eigentlich wollten bis zu 300 Anhänger der rechtsextremen »Identitären Bewegung« (IB) am Sonnabend durch das sachsen-anhaltische Halle laufen. Sie hatten dort 2017 ihr Zentrum errichtet, das heute den Namen »Flamberg« trägt. Die vermeintliche Bewegung wollte Stärke am Universitätscampus demonstrieren. Am Ende wurde die Versammlung eher zum Schaulaufen diverser rechtsextremer Gruppen und organisatorisch ein Desaster.
Am frühen Abend beginnen die Identitären schon mit Trinkspielen, denn es ist klar: Ihre Demonstrationspläne sind begraben. Wochen vor dem Sonnabend hieß es, Hunderte Identitäre aus ganz Europa wollten vom Hauptbahnhof in Halle durch die Stadt marschieren. Erinnerungen an Berlin 2017 kamen auf, als 800 Identitäre durch Berlin-Wedding liefen und für Ausschreitungen sorgten. Doch die Pläne für Halle wurden kurzfristig geändert - nur noch 300 sollten kommen, auch die Route wurde zum Haus »Flamberg« verlegt, der Identitären-Immobilie in Halle.
Wurden 2018 beim IB-Fest in Dresden noch Journalisten von den Rechtsextremen angegriffen, war die deutschlandweit versprengte Gruppierung diesmal vorsichtiger im Umgang mit der Presse. Aber auch die Polizeipräsenz war stärker. Mit bis zu 2000 Teilnehmern wurde beim Protest gegen die IB gerechnet, entsprechend viele Polizisten reisten aus anderen Bundesländern an.
Die waren auch nötig, denn immer wieder liefen Gruppen der Identitären durch die Stadt, zum Teil mit Fahnen und Transparenten. Verfolgt wurden sie von dutzenden Protestierenden. Die Bayrische IB wurde nahe des Hauptbahnhofs von behelmten Polizisten gestoppt. Erst nach einer längeren Wartezeit sollte die Gruppe dann zum Haus der Identitären am Steintor-Campus gebracht werden.
Daraus wurde ein Spießrutenlauf, denn immer wieder blockierten bis zu 50 Gegner den Weg. Die Polizei probierte, sie durch Seitenstraßen zu leiten - und landete am Ende am Hallmarkt, mehr als einen Kilometer vom geplanten Aufmarschort entfernt. Dort wurden sie dann in Polizeifahrzeugen zu ihren Hotels abtransportiert, der Protest stand auf der ganzen Straße und verhinderte andere Abreisewege.
Währenddessen standen am Hauptbahnhof rund 70 Rechtsextreme um ihren österreichischen Anführer Martin Sellner. Der hatte sich und seine Truppe mit Taxis zum Bahnhof chauffieren lassen, um dort am Mittag einen Infostand abzuhalten. Dieser wurde kurz nach Beginn ebenfalls blockiert.
Ein weiteres Problem kam für die IB an diesem Tag hinzu. Die Identitären grenzen sich gern öffentlich von gewaltbereiten Neonazis ab, einige ihrer Kader haben eine Vergangenheit in der Szene. Jedoch kamen am Sonnabend immer mehr Neonazis mit einschlägigen T-Shirts bekleidet zur Kundgebung, sogar eine Delegation der unter Terrorverdacht stehenden Aryans nahm teil. Gegen die ermittelt die Bundesanwaltschaft, nicht zuletzt wegen eines Angriffs auf eine Wandergruppe in Halle am 1. Mai 2017. Damals wurden mehrere Menschen schwer verletzt, die Aryans schlugen mit abgesägten Starkstromkabeln zu und warfen Steine.
Eine Abgrenzung zu den Teilnehmern gab es nicht und nach einiger Zeit kam auch der Neonazi Sven Liebich vorbei. Der hat seine Vergangenheit im Blood-and-Honour-Netzwerk. Im Laufe des Tages legte er sich offenbar mit der Polizei an. Auf einem Video ist zu sehen, wie ihm und seiner Gruppe ein stadtweites Aufenthaltsverbot ausgesprochen wurde. Später tauchte er erneut auf dem Marktplatz auf und wollte eine Rede halten - Polizisten zerrten ihn von seinem Transporter.
Zu der Zeit brannte in der Nähe des IB-Hauses ein kleines Auto mit Berliner Kennzeichen. Journalisten zeigten Bilder des Wracks kurz nach der Löschung den Anhängern der Identitären, um zu erfahren, ob es eines ihrer Fahrzeuge war. Der Besitzer meldete sich und war am Boden zerstört. Auch andere Fahrzeuge der Identitären wurden beschädigt, zum Teil wurden sie großflächig mit Graffitis besprüht.
Am Haus der Identitären war die Stimmung derweil mies, da die Polizei bekannt gegeben hatte, dass sie keine Demonstration durchführen könnten. Sämtliche umliegenden Straßen waren von Gegendemonstranten blockiert, auf mehreren Kundgebungen tanzten die Protestierenden und riefen den Identitären Parolen entgegen. Bis in die Nacht wurden die Kundgebungen aufrechterhalten, falls die Rechtsextremen doch eine Spontandemonstration planen sollten. Dazu kam es nicht. Anmelder Daniel Fiß schloss weitere Versammlungen kategorisch aus.
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