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»Ocean Viking« steht für Einsatz bald bereit
Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen planen neue Rettungen
Die Organisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen nehmen ihre Rettungsfahrten im Mittelmeer wieder auf. Darüber informierten sie auf einer Pressekonferenz am Montag in Paris. Sieben Monate nachdem ihr Hilfsschiff »Aquarius« durch politischen Druck aus Italien definitiv blockiert wurde und die humanitären Organisationen dadurch ihre Aktivitäten auf See vorübergehend einstellen mussten, haben sie jetzt ein neues Schiff gefunden. Es wurde in den vergangenen Wochen auf einer polnischen Werft für den geplanten Einsatz hergerichtet und wird in 2-3 Wochen im Mittelmeer einsatzbereit sein. Es handelt sich um die »Ocean Viking«, ein 69 Meter langes und sehr robustes Hilfs- und Rettungsschiff unter norwegischer Flagge, das in der Vergangenheit zur Versorgung von Gas- und Ölplattformen auf hoher See eingesetzt war. Zusätzlich zu den neun Mann der Schiffsbesatzung wird eine zwölf Mann starke Mannschaft von Méditerranée an Bord sein. Hinzu kommt ein medizinisches Team aus neun Personen, darunter ein Arzt, zwei Krankenschwestern und eine Hebamme.
»Wir konnten viele Erfahrungen, die wir mit der ›Aquarius‹ gesammelt haben, für den Umbau der ›Ocean Viking‹ nutzen«, betonte Frédéric Penard, Einsatzleiter von Méditerranée. So wurden an Deck eine Anzahl Wohncontainer aufgestellt, von denen einer als kleines Notlazarett ausgebaut wurde. Das Schiff verfügt über vier motorisierte Rettungsboote, was die Bergung von Schiffsbrüchigen vereinfachen und beschleunigen wird. Es könnten bis zu 200 Personen an Bord genommen und unter guten Bedingungen betreut werden, aber bei Bedarf auch viele mehr - mit entsprechenden Abstrichen bei den Lebens- und Versorgungsbedingungen, sagte Penard. Ziel sei immer, die Seebrüchigen so schnell wie möglich an Land bringen zu können. Sophie Beau, Mitbegründerin und Vizepräsidentin von SOS Méditerranée, rief zur Unterstützung der Hilfsaktionen durch Geldspenden auf. Während die »Aquarius« pro Tag 11 000 Euro gekostet hat, sind es bei der größeren und leistungsfähigeren »Ocean Viking« 14 000 Euro. »Wir werden wie früher auf den internationalen Gewässern vor der libyschen Küste patrouillieren, wo erfahrungsgemäß die meisten Flüchtlingsboote in Seenot geraten«, sagte François Thomas, der Präsident von SOS Méditerranée France, »und werden sie dem internationalen Seerecht entsprechend auf schnellstem Wege zum nächsten sicheren Hafen bringen.« Die Hilfsorganisationen seien sich natürlich bewusst, dass die Frage, welche Häfen dafür infrage kommen, von hoher politischer Brisanz ist. »Das ist ein Problem, das so schnell wie möglich durch die Regierungen der EU-Länder gelöst werden muss.«
Von der informellen Tagung der Innen- und Außenminister aus zahlreichen - aber nicht allen - EU-Mitgliedsländern, die über dieses Problem am selben Tag in Paris berieten, erwarte man entschiedene Schritte zur Überwindung der Probleme. Vor allem dürften Länder wie Italien und Malta, die am stärksten mit der Flut von Mittelmeer-Flüchtlingen konfrontiert sind, mit diesem Problem nicht alleingelassen werden, sodass sie aus Furcht, alle Flüchtlinge behalten zu müssen, ihre Häfen verschließen. Hier sei politischer Wille gefragt und wegweisende Schritte erwarte man vor allem von Deutschland und Frankreich.
Bereits in der vergangenen Woche hatten die Innen- und Außenminister in Helsinki über den Umgang mit den Bootsflüchtlingen beraten und nach dem Treffen von Paris ist noch eine abschließende Tagung im September in Malta geplant. Es geht um eine »europäische Übergangsregelung zur Verteilung von im Mittelmeer geretteten Migranten«, sagte der französische Innenminister Christophe Castaner. »Wir hoffen, dass sich bis zu 15 Länder der Union daran beteiligen.«
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