Über 500.000 protestieren in Puerto Rico für Rücktritt des Gouverneurs

Tagelange Proteste mit Promi-Beteiligung nach Bekanntwerden respektloser Bemerkungen von Gouverneur Ricardo Rosselló

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San Juan. Am elften Tag der Proteste gegen die Regierung von Puerto Rico und Korruption haben Zehntausende Menschen die Hauptstadt San Juan lahmgelegt. Die Demonstranten in dem US-Außengebiet blockierten am Montag eine Autobahn, zahlreiche Geschäfte und Büros blieben geschlossen. Es war die bisher größte Demonstration, um den Rücktritt von Gouverneur Ricardo Rosselló zu fordern. Laut Schätzungen in US-Medien nahmen über 500.000 Menschen teil, es könnten sogar bis zu einer Million gewesen sein.

Erneut waren bei den Protesten prominente Puerto Ricaner dabei, darunter die Musiker Ricky Martin, Bad Bunny und Residente sowie der frühere Boxweltmeister Félix Trinidad. »Heute bin ich stolz Puerto Ricaner zu sein. Wir werden weiterkämpfen, bis Rosselló nicht mehr regiert«, erklärte Popstar Ricky Martin auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Er war in den zuvor bekannt gewordenen Chatprotokollen des Gouverneues homophob beleidigt worden. Am Montag nahm er mit Regenbogenfahne am Protest teil. Manche Beobachter sprachen von der wohl größten Demonstration in der Geschichte des Karibikarchipels, in dem rund 3,2 Millionen Menschen leben.

Die Polizei setzte am Abend Tränengas ein, um eine Ansammlung von Menschen in einer Straße der historischen Altstadt aufzulösen, wie die Zeitung »El Nuevo Día« meldete. Ein Reporter des US-Senders CBS berichtete auf Twitter, etwa zwölf Demonstranten hätten zuvor Gegenstände auf Beamte geworfen. Auf einem Foto in den sozialen Medien war ein brennendes Auto zu sehen, das offenbar in einer der Straßen der Altstadt stand. Informationen über mögliche Verletzte gab es zunächst nicht.

Auslöser der Proteste waren ein Korruptionsskandal in der Regierung sowie die Veröffentlichung von Nachrichten einer privaten Chat-Gruppe zwischen Rosselló und elf Vertrauten, in denen sie sich abschätzig über mehrere Personen äußerten. Nach Meinung Vieler waren manche der Bemerkungen frauen- und schwulenfeindlich sowie respektlos gegenüber den zahlreichen Opfern des verheerenden Hurrikans María von 2017. Seit zwei Jahren gibt es in den USA ein politisches Tauziehen um Hilfe für die Insel zwischen Donald Trump und den Republikanern auf der einen und den Demokraten auf der anderen Seite.

Auch in anderen Teilen des US-Außengebiets, das seit Jahren in einer schweren Finanzkrise steckt und seitdem von Austeritätspolitik dominiert wird, sowie in den USA und auch einigen europäischen Städten gab es bereits Demonstrationen gegen Rosselló. Prominente US-Politiker wie Bernie Sanders unterstützen die Rücktrittsforderungen gegen den Gouverneur. »Ich bin mit solidarisch mit den Menschen in Puerto Rico und ihrem Kampf gegen die Korruption«, erklärte der Präsidentschaftskandidat der Demokraten auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Auch führende Angehörige von Rossellós eigener Partei schlossen sich den Rücktrittsforderungen an. US-Präsident Donald Trump nannte Rosselló am Montag einen fürchterlichen Gouverneur.

Mehrere Regierungsangehörige - darunter der Vizegouverneur, der auch Mitglied der Chat-Gruppe war - zogen Konsequenzen und räumten inzwischen ihre Posten. Rosselló lehnt einen Rücktritt bisher ab. Der 40 Jahre alte Rosselló regiert seit 2016. Er ist der Sohn eines früheren Gouverneurs. Rosselló erklärte allerdings am Sonntag in einer Fernsehansprache, bei der nächsten Wahl im kommenden Jahr nicht mehr anzutreten. Er trat zudem als Chef seiner Neuen Progressiven Partei (PNP) zurück.

Die Demonstranten ließen sich davon am Montag aber nicht besänftigen. »Das ist nicht genug«, sagte der Demonstrant Isham Rodriguez. »Er sollte die Macht an neue Führer übergeben.« Der frühere Gouverneur des US-Außengebiets, Alejandro García Padilla, hatte Rossello schon am Sonntag vorgeworfen, auf Zeit zu spielen. Agenturen/nd

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