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Zurück zu »Recht und Ordnung«
Unter dem neuen Premier Kyriakos Mitsotakis vollzieht Griechenland eine Kehrtwende
Mit 51 Personen, nur fünf davon sind Frauen, führt Griechenlands neuer Premier Kyriakos Mitsotakis das größte Kabinett in der Geschichte seines Landes. Seit die Regierung am vergangenen Montag vom Parlament das Vertrauen ausgesprochen bekam - und damit formell bestätigt wurde - machen sich Mitsotakis und seine konservative Nea Dimokratia (ND) daran, die Hinterlassenschaften der vergangenen vier Jahre unter dem linken Regierungschef Alexis Tsipras gründlich auszumerzen.
Per Ministerbeschluss erhalten Geflüchtete künftig keine Sozialversicherungsnummer mehr. Die Tsipras-Regierung hatte die Verordnung eingeführt und damit marginalen Gruppen den Zugang zu Grundressourcen (Arbeitsmöglichkeiten, Gesundheitsversorgung und Asylantrag) erleichtert. Ferner kündigte die ND an, Migranten ohne Aussicht auf Asyl abzuschieben und gegen »illegale Einwanderung« schneller vorzugehen.
Die Toleranz gegenüber »Illegalität, Drogen und Feuerbomben« müsse »sofort« enden, so Mitsotakis. Bis zum Ende des Jahres sollen 1500 neue Polizisten und die als brutal geltenden DIAS- und DELTA-Motorradeinheiten der Polizei wieder eingeführt werden, die SYRIZA 2015 abgeschafft hatte.
Um »Recht und Ordnung« wiederherzustellen, plant die Regierung zudem die Abschaffung des nach dem Ende der Militärdiktatur (1967-74) eingeführten Universitätsasyls. Das verbietet den staatlichen Sicherheitsbehörden den unaufgeforderten Zutritt auf das Universitätsgelände und gilt als Herzstück linker Identität. Dementsprechend protestierten in der vergangenen Woche Anhänger des Universitätsasyls gegen die geplante Gesetzesänderung.
Neben dem Aufbau neuer Polizeieinheiten werden auch die Zuständigkeiten der Ministerien neu verteilt: Die Aufsicht über die Gefängnisse soll dem Innenministerium übertragen werden, der Wirkungsradius des Staatssekretärs für Geschlechtergleichheit bleibt nun auf das Arbeitsministerium beschränkt; das Migrations- wird in das Ministerium für Zivilschutz eingegliedert, was Migrationspolitik zur Polizei- und Sicherheitsangelegenheit degradiert.
Auch in der Wirtschaftspolitik grenzt sich die neue Regierung klar von SYRIZA ab. Nach Ansicht von ND-Vizechef Adonis Georgiadis, ein Vertreter des rechten Parteiflügels, soll mit dem als wirtschaftsfreundlich geltenden Mitsotakis endlich wieder Stabilität einkehren. Tatsächlich profitiert die neue Regierung von der aktuell guten ökonomischen Entwicklung. Seit dem Abschluss des dritten Kreditprogramms zeigen Investoren wieder Vertrauen in die Bonität des hoch verschuldeten Landes, so dass sich Griechenland wieder selbst am Kapitalmarkt finanzieren kann.
Die ND fordert, wie zuvor auch Tsipras, eine Reduktion der Primärüberschüsse, die den Gläubigern in Höhe von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2022 zugesagt wurde. Nach einem ersten Treffen der Regierung mit dem Direktor des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), Klaus Regling, zeichnet sich jedoch keine Lockerung des Austeritätskurses ab. Regierungssprecher Stelios Petsas ruderte leicht zurück und erklärte, dass man erst 2020 um eine Herabsetzung des Primärüberschusses bitten würde. Auch von einem Veto gegen den möglichen EU-Beitritt des nördlichen Nachbarn Republik Nordmazedonien ist nichts mehr zu hören. Dabei hatte die ND von der Stimmungsmache gegen den historischen Namenskompromiss profitiert. Der Stimmenzuwachs für die Konservativen kam im Wesentlichen vom rechtsradikalen Rand.
Obwohl Mitsotakis eigentlich für Bürokratieabbau wirbt, versprach er im Wahlkampf zudem 3500 neue Arbeitsplätze im Gesundheitswesen und - wie von SYRIZA vorgesehen - 4500 zusätzliche Lehrkräfte für Sonderschulen.
Wie die ND diese Vorhaben zusammen mit den versprochenen Steuersenkungen auf Grundbesitz und Immobilien um 30 Prozent sowie für Unternehmer von 28 auf 20 Prozent umsetzen will, ist noch unklar. Allerdings spekulieren griechische Medien bereits auf lukrative Privatisierungsprojekte wie das alte Athener Flughafengelände Elliniko und die Goldminen auf Chalkidiki. Abgesehen von diesen Großprojekten stehen steuerliche Vergünstigungen für Käufer und im Baugewerbe ganz oben auf der Regierungsagenda. »Sie geben den Vielen wenig und den Wenigen viel«, kommentiert der neue Oppositionsführer Tsipras diese Vorhaben.
Der erste Gesetzesentwurf der Mitsotakis-Regierung sieht die Abschaffung zweier unabhängiger Behörden - der Steuerfahndung (SDOE) und der Überwachung des Arbeitsrechts - vor. Während der Premierminister die Auffassung vertritt, dass nach seinen geplanten Steuersenkungen die Einnahmen des Fiskus steigen werden, betrachtet die ehemalige SYRIZA-Arbeitsministerin Efi Achtsioglou die Entwicklung mit Sorge: die Steuersenkungen für Unternehmen könnten von sozialen Unterstützungsleistungen abgezweigt werden. Im Radio »Sto Kokkino 105.5« sagte sie, der Arbeitgeberseite werde klar demonstriert, dass Arbeitsrechte keine Priorität für diese Regierung haben: »Es ist ein Augenzwinkern gegenüber dem Gesetzesverstoß«, so Achtsioglou.
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