Klinikum zerrt Betriebsrat vor Arbeitsgericht

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit dem Bild einer historischen Postkutsche wirbt die LINKE für Andreas Kutsche, der bei der Wahl am 1. September als Direktkandidat in Brandenburg/Havel antritt. »Mit Kutsche in den Landtag«, steht dazu. Doch wohin die Reise für Andreas Kutsche geht, ist völlig offen. Denn den Wahlkreis zu gewinnen, ist alles andere als einfach.

Aber einfach Krankenpfleger bleiben beziehungsweise stellvertretender Betriebsratsvorsitzender im Städtischen Klinikum Brandenburg/Havel (SKB), das geht auch nicht so ohne Weiteres. Denn das SKB versucht, Andreas Kutsche den Stuhl vor die Tür zu setzen. Es hat ihm fristlos gekündigt. Am Donnerstagnachmittag sollte das Arbeitsgericht den Fall verhandeln. Es sollte aber noch kein Urteil fallen. Zunächst war erst einmal ein Gütetermin angesetzt, bei dem ausgelotet wird, ob sich beide Seiten auf einen Vergleich einigen können.

Vorgeworfen wird Kutsche, dass er über zehn Jahre hinweg die Sitzungen des Aufsichtsrats, in dem er als Vertreter der Angestellten sitzt, in seinen Dienstplan eingetragen hat, also als Arbeitszeit verbucht hat - obwohl das eine zusätzliche Tätigkeit sei, die mit einer Aufwandsentschädigung extra vergütet wird. Konkret sind das allerdings anfangs bescheidene 100 Euro und zuletzt 200 Euro pro Sitzung gewesen. Etwa vier Sitzungen pro Jahr gebe es, sagt Kutsche. Insgesamt drehe es sich in etwa um einen Monatslohn, hat er sich ausgerechnet.

Herausgekommen ist seine Vorgehensweise, weil Kutsche Änderungen am Dienstplansystem bei einer Betriebsversammlung arglos an seinem eigenen Beispiel demonstriert hatte, sodass es alle Anwesenden lesen konnten, auch die aus der Chefetage des Klinikums. Es hätte aber schon früher auffallen können, weil Dienstpläne durchgesehen werden. Kutsche war und ist der festen Überzeugung, nichts falsch gemacht zu haben, zumal er sich bei einer Schulung für Aufsichtsräte extra nach dieser Sache erkundigt und - wie er sagt - die Auskunft bekommen hatte, er solle es so machen. Inzwischen weiß er, dass die Rechtslage unklar ist.

Wenn sich herausstellt, dass sein Verhalten doch falsch war, würde sich Kutsche entschuldigen. Jetzt wartet er erst einmal ab und macht seine Arbeit. Die Sache ist keineswegs harmlos. Krankenpfleger werden zwar händeringend gesucht. Einer, der als Betriebsrat dafür bekannt ist, der Geschäftsführung im Interesse der Belegschaft engagiert Scherereien zu bereiten, hat allerdings schlechte Karten bei Bewerbungen.

Die Geschäftsführung bittet um Verständnis, dass sie zu diesem laufenden Verfahren keine Auskunft gibt. Der Landtagsabgeordnete Andreas Bernig (LINKE) fordert, die Kündigung zurückzunehmen, die seiner Meinung nach ein »offensichtlicher Racheakt am Vizebetriebsratsvorsitzenden« ist. Bernig war früher Hauptpersonalrat bei der Polizei. Er kennt sich mit der Materie aus und sagt: »Zwar ist die Rechtslage zur Anrechnung von Aufsichtsratssitzungen als Arbeitszeit unklar, aber in anderen Aufsichtsräten ist es gängige Praxis, dass die Sitzungszeiten als Arbeitszeit angerechnet werden.«

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