Eine »logische Überraschung«

Argentiniens Präsident Mauricio Macri erleidet bei den Vorwahlen Schiffbruch

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Duo Fernández/Fernández jubiliert: Mit 47,7 Prozent der Stimmen setzten sich der peronistische Präsidentschaftskandidat Alberto Fernández mit seiner Vize Cristina Fernández de Kirchner überraschend deutlich an die Spitze für die Präsidentschaftswahlen am 27. Oktober. Dagegen musste Amtsinhaber Mauricio Macri mit seinem Vizekandidaten Miguel Pichetto eine saftige Niederlage einstecken. Das Duo wurde abgeschlagen mit 32,1 Prozent Zweiter.

Vorwahlen sind in Argentinien inzwischen eine Abstimmung mit unverbindlichem Charakter über die aktuelle Regierungspolitik. Da sich alle Parteiallianzen schon zuvor auf ihre jeweiligen Kandidaten einigen, findet eine wirkliche Auswahl der Kandidaten für die Präsidentschafts- und Kongresswahlen im Oktober nicht mehr statt. Dennoch herrscht für die knapp 34 Millionen Stimmberechtigten Wahlpflicht und die Wahlbeteiligung lag am Sonntag bei rund 75 Prozent. Macris Traum von der Wiederwahl scheint damit vorzeitig ausgeträumt.

Die Reaktion der Finanzmärkte kam prompt. Am Montag stürzten die Werte argentinischer Aktien um über 35 Prozent ab, Anleihen verloren bis zu 15 Prozent an Wert, während der Dollar in die Höhe schoss und von 46,20 Peso auf 51,50 Peso schnellte. »Se siente, se siente (man spürt es, d. Red.) - Alberto Presidente«, skandierte die Anhängerschaft, als der strahlende Alberto Fernández kurz vor Mitternacht auf die Bühne trat. »Heute hat eine neue Etappe begonnen«, gab sich der 60-Jährige siegessicher, der politisch als Mitte-links einzuordnen ist. Mit den errungenen 47,7 Prozent hätte das Duo Fernández-Kirchner die Präsidentschaftswahl schon in der ersten Runde gewonnen. In Argentinien gewinnt, wer im ersten Wahlgang mehr als 45 Prozent der Stimmen erhält.

Die ganz große Gewinnerin ist jedoch Cristina Kirchner. Im April hatte die ehemalige Präsidentin (2007-2015) ihren Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben und stattdessen völlig überraschend ihren ehemaligen Kabinettschef Alberto Fernández vorgeschlagen. Sie selbst gab sich mit der Kandidatur zur Vizepräsidentin zufrieden. So konnten nicht nur Kirchners 30 Prozent an Stammwählerschaft gewonnen werden, sondern weit mehr.

Katerstimmung im Regierungslager. Noch vor Bekanntgabe der ersten offiziellen Zahlen war Mauricio Macri auf die Bühne getreten und räumte »ein schlechtes Wahlergebnis« ein. Wo sonst die bunten Luftballons fliegen und der Präsident seinen eigenwilligen Freudentanz aufführt, bestimmten lange Gesichter und Trotzreaktionen das Ambiente. »Sí se puede - sí se puede (Ja, man kann)«, riefen die Anwesenden. Hoffnung schöpft die Regierung allein aus dem Vorwahlergebnis von 2015. Damals hatte Macri mit knapp neun Prozent hinter dem damals führenden Daniel Scioli gelegen und das Blatt in der Stichwahl gewendet. Dass Macri auch diesmal kein gutes Vorwahlergebnis erzielen würde, war erwartet worden. Die Umfragen sagten einen Rückstand von zwei bis sieben Prozent voraus. Doch Macris Bilanz nach dreieinhalb Jahren Amtszeit ist verheerend. Während die Zahlen der Arbeitslosen und Armen, der Firmenpleiten und der Staatsverschuldung, der Inflation und der Haushaltskürzungen steigen, schrumpfen Wirtschaft und Konsum, sinken die Reallöhne und ist der Peso immer weniger Wert. Und so versetzte die Realität Macris politischem Marketing am Sonntag eine schallende Ohrfeige, so der Analyst Rosendo Fraga, der das Resultat als eine »logische Überraschung« bezeichnete.

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