Verkehrsnotstand im Flächenland

Mindestens 20 000 gültige Unterschriften benötigt die Volksinitiative für mehr Busse, Bahnen und Radwege

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Von Schöneiche bei Berlin bis in die benachbarte Gemeinde Neuenhagen braucht Fritz Viertel mit dem Fahrrad 15 Minuten. Mit dem Zug müsste er eine Stunde lang über Berlin-Ostkreuz fahren, weil die Schienen in Brandenburg strahlenförmig auf die Hauptstadt ausgerichtet sind und die Querverbindungen fehlen.

Das gehört zu den Dingen, die sich ändern sollen. Am Donnerstag wurde in Potsdam die Volksinitiative »Verkehrswende für Brandenburg jetzt!« gestartet. Fritz Viertel war als Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland mit dabei. Wer sich in die Listen einträgt, unterstützt damit eine Reihe von Forderungen für eine verlässliche, bezahlbare und klimaverträgliche Mobilität. So wird verlangt, dass bis zum Jahr 2035 der Anteil des Öffentlichen Personennahverkehrs am gesamten Verkehr verdoppelt wird und dass alle Gemeinden des Bundeslandes mindestens im Stundentakt mit Bus und Bahn zu erreichen sind. Außerdem soll an jeder Straße innerhalb von Ortschaften, an der mehr als Tempo 30 zugelassen ist, ein ausreichend breiter Radweg angelegt werden.

Die Hälfte aller Strecken, die Autofahrer heute noch zurücklegen, seien nicht länger als fünf Kilometer, erläuterte Stefan Overkamp, Landesvorsitzender des Fahrradclubs ADFC. Das seien Distanzen, die gut mit dem Rad gefahren werden könnten. Aus Befragungen wisse man, dass mehr Menschen das Rad nehmen würden, wenn sie nicht Angst vor dem Autoverkehr hätten. Elf Prozent des Verkehrsaufkommens entfällt in Brandenburg auf die Radfahrer, sagte Overkamp. Das sei ausbaufähig. 40 Prozent seien möglich. »Die Verkehrswende wird mit dem Fahrrad gelingen oder gar nicht«, ist Overkamp überzeugt. Darum beteiligt sich der ADFC an der Volksinitiative. Die Umweltorganisation BUND macht es wegen der CO2-Emissionen des Verkehrs, die wieder steigen, statt zu sinken, wie Vizelandeschefin Franziska Sperfeld sagte. Die Brandenburgische Studierendenvertretung beteiligt sich, »da es höchste Eisenbahn ist«. Das findet Sprecherin Johanna von Hackewitz, die an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde studiert. Sie und viele ihrer 45 000 Kommilitonen in Brandenburg fahren oft mit der Bahn und leiden unter überfüllten Zügen.

»Die Verkehrswende voranzubringen, ist ein Ur-Anliegen von uns«, reagierte der Landtagsabgeordnete Benjamin Raschke (Grüne) erfreut auf den Start der Volksinitiative.

Auch die LINKE sicherte Unterstützung zu. Sebastian Walter, ihr Spitzenkandidat für die Landtagswahl im September, sagte: Wer die Zerstörung der Umwelt verhindern sowie weniger Unfälle und saubere Luft haben wolle, der müsse in Zukunft anders mobil sein als heute. Mobilität sei ein Grundrecht und lebensnotwendig. »Deshalb muss unser Verkehr nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten neu organisiert werden.« Walter nannte Versprechen aus dem Wahlprogramm seiner Partei, die sich mit den Forderungen der Volksinitiative decken und teilweise darüber hinausgehen. Die LINKE berücksichtigt den sozialen Aspekt. So sollen Minderjährige Bus und Bahn umsonst benutzen dürfen.

verkehrswende-brandenburg.de

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.