Gerichte stützen Johnsons Plan

Klagen gegen Zwangspause für das Parlament abgewiesen.

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Der juristische Streit über die Zwangspause des britischen Unterhauses wird fortgesetzt. Ein Gericht in London hat am Freitag zwar eine Klage gegen den von Premierminister Boris Johnson verhängten Zwangsurlaub für die Abgeordneten abgewiesen, aber die Richter des High Courts ließen eine Berufung am höchsten britischen Gericht (Supreme Court) zu. Dort soll es am 17. September weitergehen.

Die Kritik an dem Vorgehen des Tory-Vorsitzenden Johnson kommt nicht nur aus dem linken politischen Spektrum. Geklagt hatten unter anderem die Fondsmanagerin und Aktivistin Gina Miller sowie der frühere Premier John Major. Dieser ist ein konservativer Parteikollege von Johnson. Die Gegner der Sitzungsunterbrechung sehen ein unzulässiges politisches Manöver von Johnson, um seinen Brexit-Kurs durchzudrücken. Denn der Premier hat im Unterhaus keine Mehrheit mehr. Die Pause für die Parlamentarier soll in der kommenden Woche beginnen und insgesamt bis zu fünf Wochen dauern.

Miller nannte das Urteil des High Courts »sehr enttäuschend«. Sie will sich an das höchste Gericht im Vereinigten Königreich wenden. »Heute vertreten wir alle. Wir vertreten die künftigen Generationen«, sagte Miller. Sie hatte schon vor zweieinhalb Jahren für Aufsehen gesorgt. Damals setzte Miller in einer Klage vor dem Obersten Zivilgericht durch, dass das britische Parlament in stärkerem Ausmaß in die Brexit-Verhandlungen einbezogen wird.

Am Mittwoch hatte ein Gericht in Edinburgh das Vorgehen Johnsons für zulässig erklärt. Der Court of Session, das höchste schottische Zivilgericht, wies einen Antrag von 75 Abgeordneten zurück. Richter Raymond Doherty sagte, Johnsons Entscheidung falle in den Bereich politischer Entscheidungen, die nicht von rechtlichen »Standards« abhängig seien. Joanna Cherry von der Schottischen Nationalpartei kündigte an, in Berufung zu gehen.

Johnsons Vorgehen hatte zu großen Protesten in der britischen Bevölkerung geführt. Oppositionspolitiker und Aktivisten warfen dem Premier einen »Anschlag auf die Demokratie« vor.

Wie es mit dem für den 31. Oktober geplanten Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU weitergeht, ist völlig offen. Irland bereitet sich bereits auf einen Brexit ohne Abkommen vor, obwohl die Mehrheit im britischen Unterhaus dieses Szenario per Gesetz verhindern und Johnson dazu zwingen will, bei der EU um eine Verschiebung des Austrittsdatums zu bitten, falls es keine Einigung mit dem Staatenverbund gibt. Irland plant im Ernstfall Kontrollen »in der Nähe der Grenze« zum britischen Nordirland. Das erklärte Ministerpräsident Leo Varadkar am Donnerstagabend in Dublin. Die Überprüfung von Waren und lebenden Tieren sollte so weit wie möglich in Häfen, Flughäfen und bei den Unternehmen erledigt werden. »Aber einige müssen womöglich in der Nähe der Grenze stattfinden«, sagte Varadkar. Über Details werde derzeit mit der EU-Kommission diskutiert.

Die EU und Irland wollen Kontrollposten an der Grenze zu Nordirland vermeiden. Sie fürchten politische Unruhen, wenn die Insel erneut geteilt werden sollte. Bis eine andere Lösung gefunden wird, sollen für Nordirland einige EU-Regeln weiter gelten und das Vereinigte Königreich in der EU-Zollunion bleiben. Diese Lösung wird Backstop genannt. Johnson ist ein Gegner dieser geplanten Regelung, weil die Briten dann aus seiner Sicht in den Bemühungen gebremst werden könnten, neue Handelsverträge mit Drittstaaten zu schließen. Mit Agenturen

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