Wandlitz, was tun?

Ortsverband der Linkspartei besprach am Dienstagabend bei einem öffentlichen Treffen die Wahlschlappe

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Aufarbeitung der in dieser Höhe unerwarteten Schlappe bei der Landtagswahl am 1. September wird die Basis der Brandenburger Linkspartei wohl noch einige Zeit beschäftigen. Am Dienstag traf sich der Ortsverband Wandlitz, um über Ursachen und Konsequenzen zu diskutieren.

Zwar erreichte die Partei dort mit 11,8 Prozent der Zweitstimmen ein leicht überdurchschnittliches Ergebnis, doch im Vergleich zu 2014 hat sich der Stimmenanteil fast halbiert, während die AfD ihr Ergebnis mit 23,1 Prozent annährend verdoppelte.

Auch bei der Bürgermeisterwahl, die ebenfalls am 1. September stattfand, gab es eine Niederlage. Die von den Grünen und einer unabhängigen Wählergemeinschaft unterstützte Kandidatin Gabriele Bohnebuck (LINKE), kam nur auf den vierten Rang und verpasste so die Stichwahl.

Die zwei Dutzend meist älteren Genossen, die sich am Dienstag in einem Hotel im Ortsteil Basdorf versammelten, taten sich schwer bei der Ursachenforschung. »Einfach nur deprimierend« sei das Ergebnis, meinte Bohnebuck. Die LINKE habe es nicht geschafft, ihre Erfolge in der rot-roten Landesregierung darzustellen. Die Partei sei nicht erkennbar, und »wenn die Leute unzufrieden waren, haben sie nicht mehr an uns gedacht, sondern an die AfD«. Zwar räumt Bohnebuck ein, dass die Partei »zu wenig Biss hat« und »ein Gesamtkonzept fehlt«, doch konkrete Versäumnisse auf Gemeindeebene vermag sie nicht zu erkennen. Auf die Frage nach der mangelnden Präsenz der Linkspartei im Alltag verweist sie auf die zeitaufwändige Arbeit in der Kommunalpolitik. »Wir sind eigentlich immer beschäftigt«, vor allem mit Anträgen für den Gemeinderat und den Kreistag. Da bleibe für andere Aktivitäten »schlicht keine Zeit mehr«.

Dennoch ist allen Genossen klar, »dass wir mehr mit den Leuten reden und Netzwerke vor Ort bilden müssen«. So formulierte es Isabelle Czok-Alm, die als Direktkandidatin im hiesigen Landtagswahlkreis angetreten war und 12,1 Prozent der Erststimmen erhielt. Doch wie das konkret aussehen soll, bleibt zumindest an diesem Abend unbeantwortet.

Bohnebuck räumte ein, dass man schlicht nicht wisse »was das eigentlich für Leute sind, die jetzt die AfD gewählt haben«. Beklagt wurden »die vielen Unwahrheiten« der anderen Parteien im Wahlkampf und die ungenügende Berücksichtigung der Linkspartei in den lokalen Medien.

In der Diskussion ging es auch um die derzeitige Gretchenfrage: erneut mitregieren oder Orientierung auf konsequente Opposition? Die Regierungsbeteiligung als solche sei nicht die alleinige Ursache für die Niederlage, sagt Czok-Alm und verweist auf Sachsen, wo die Sozialisten seit 1990 immer nur Opposition waren und trotzdem sogar noch höhere Verluste verzeichnen mussten. Aber es sei eben nicht gelungen, »unsere Erfolge in der Regierung, die es ja zweifellos gab, deutlich zu machen«. Wenn man erneut in eine Koalition gehe, müsse man sich im Vorfeld auf einige quasi unverhandelbare Punkte fokussieren, die dann auch als Markenkern der Linkspartei erkennbar seien.

Lutz Kupitz, Linksfraktionschef im Kreistag Barnim, warnte davor, in der Oppositionsrolle das Allheilmittel zu sehen. Es sei »eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera«. Eine erneute Regierungsbeteiligung, noch dazu in einer schwierigen Dreierkoalition, berge die Gefahr, in der Öffentlichkeit noch stärker an Profil zu verlieren. Aber in der Opposition »werden wir doch von der AfD zerrieben«, die dort als eindeutig stärkste Kraft auftreten könne.

Andere skizzierten das Schreckensszenario, dass die LINKE im Landtag als Oppositionspartei unfreiwillig gemeinsam mit der AfD gegen Vorlagen der Regierung stimmt.

Eine eindeutige Präferenz für oder gegen eine erneute Regierungsbeteiligung war an diesem Abend jedenfalls nicht erkennbar. Das gilt auch für die anstehende Stichwahl für das Bürgermeisteramt am 22. September. Mit Bürgermeisterin Jana Radant (parteilos) sei man unzufrieden und ihrem Herausforderer Oliver Borchert von der Freien Wählergemeinschaft »trauen wir nicht über den Weg«, erklärte Bohnebuck.

Eines wurde in der Debatte deutlich. Auch in Wandlitz befindet sich die LINKE nach der Wahlschlappe noch in einer Art Schockstarre. Ähnliche Äußerungen wie hier sind auch aus vielen anderen Gliederungen der Partei überall im Bundesland zu hören. Es wird viel Kraft und Mühe kosten, diesen Zustand zu überwinden.

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