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Unverständnis über den Turmbau zu Potsdam

Bei der Bürgerinitiative gegen die Garnisonkirche blitzt der Oberbürgermeister mit seinem Kompromissvorschlag ab

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Linksfraktionschef Stefan Wollenberg nennt es einen »interessanten Vorstoß« und »eine Chance«, die Diskussion um den umstrittenen Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche »unter einem neuen Blickwinkel neu zu eröffnen«.

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hat richtig erkannt, dass es in der Sache einander widersprechende Beschlüsse des Stadtparlaments gibt: den von 2008, der den Oberbürgermeister als Vertreter der Stadtverwaltung in die Stiftung Garnisonkirche entsendet, und den, der 2014 gefasst wurde, als ein erfolgreiches Bürgerbegehren verlangte, der Oberbürgermeister solle auf die Auflösung der Stiftung hinwirken.

Nun hat Schubert einen mit der Stiftung abgesprochenen Kompromissvorschlag unterbreitet. Demnach soll der Turm der Garnisonkirche, an dem bereits gebaut wird, wie geplant entstehen. Dafür liegt ohnehin eine gültige Baugenehmigung vor. Verzichtet werden soll jedoch auf die Wiedererrichtung des Kirchenschiffs. Stattdessen soll an dieser Stelle eine internationale Jugendbegegnungsstätte für Bildung und Demokratie entstehen. Diese soll sich optisch deutlich von dem historischen Kirchenschiff unterscheiden. Dafür soll bis 2023 ein Konzept erarbeitet werden.

Die Garnisonkirche werde häufig auf ihre durch das verbrecherische Naziregime belasteten Symbole reduziert, als ob Potsdam damit allein stünde, argumentierte Schubert. Doch gebe es auch andere Städte und Gemeinden mit Bauwerken und Orten mit derartigen Bezügen, etwa Nürnberg, München und Berchtesgaden. In allen diesen Kommunen werde in Mitverantwortung der Stadt beziehungsweise der Gemeinde eine aktive Auseinandersetzung damit geführt, warb der Oberbürgermeister für seinen Kompromissvorschlag.

Bei der Bürgerinitiative »Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche« dringt er damit nicht durch. Es handele sich um einen »Scheinkompromiss«, formulierte die Bürgerinitiative in einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung. Denn der Turm, um den akut gestritten werde, »wird nicht in Frage gestellt«. Stattdessen werde dort angesetzt, »wo es der Stiftung am wenigsten wehtut«. Denn über den erträumten Wiederaufbau des Kirchenschiffs mache sich »längst kaum noch jemand Illusionen«. Sowohl die Finanzierung eines solchen Vorhabens als auch ein Nutzungskonzept sei für die bereits mit der Turmkopie überforderte Stiftung Garnisonkirche »außer Reichweite«.

Der Verweis auf andere Kommunen mit Bauwerken, die durch ihre Nutzung in der Nazizeit belastet sind, ist der Initiative zufolge irreführend. Denn keine andere Kommune habe eines dieser Bauwerke wiedererrichtet, sondern im Gegenteil die betreffenden Gebäude sogar teilweise abgerissen. So wurde auf dem Reichsparteitagsgelände der NSDAP in Nürnberg das riesige Hakenkreuz gesprengt. »Der Turmbau ist schnellstmöglich zu beenden«, fordert die Bürgerinitiative. Sie erinnert, dass der Vorstoß des Oberbürgermeisters darauf hinauslaufen würde, das alte Rechenzentrum an der Garnisonkirchenbaustelle abzureißen. Es hat sich aber als beliebtes Kunst- und Kreativhaus etabliert und sollte - wenn es nach der Bürgerinitiative und nach der Nutzergemeinschaft geht - über das Jahr 2023 hinaus erhalten bleiben.

Das zu bedenken, mahnt auch Linksfraktionschef Wollenberg. »Man kann nicht so tun, als ob es das Rechenzentrum nicht gibt«, sagt er. Dem Stadtverordneten Sascha Krämer (LINKE) ist es wichtig, dass bei den Planungen das Rechenzentrum »von Anfang an« beteiligt wird.

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