Waffen an Saudis?
Ende September laufen Exportbeschränkungen aus
Es ist laut den Vereinten Nationen (UN) die größte menschengemachte humanitäre Katastrophe weltweit: Abseits des Fokus der Weltöffentlichkeit herrscht seit vier Jahren in Jemen ein bitter geführter Krieg.
Die UN schätzen, dass in Jemen bereits über 18 000 Menschen getötet wurden, 3,3 Millionen sind auf der Flucht. Erst in der vergangenen Woche haben die Vereinten Nationen die Liste möglicher Kriegsverbrecher erweitert. Die von Saudi-Arabien angeführten Koalition wird beschuldigt, mit Luftangriffen und Seeblockaden für einen Großteil der zivilen Opfer verantwortlich zu sein.
2018 kündigte die Große Koalition ein Waffenexportverbot an Länder an, die an dem Krieg beteiligt sind, allen voran Saudi-Arabien. Allerdings wurde dieses erst nach der Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Kashoggi umgesetzt. Die Exportrestriktionen wurden seither mehrmals verlängert. Doch die Restriktion von Waffenexporten an Saudi-Arabien läuft noch in diesem Monat aus. Ende September steht planmäßig die erneute Verlängerung an.
Doch das will die Rüstungslobby verhindern. Schon seit 2018 versucht sie, Druck auf die Regierung auszuüben. So warnte der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) schon 2018 vor deutschen Sonderwegen und einer Isolierung Deutschlands in der EU und in NATO. Bei den letzten Verlängerungsverhandlungen im März 2019 wurde die Aussage wiederholt, so warnte der Chef von Airbus die Bundesregierung vor moralischem Rigorismus. Der damalige Chef des Konzerns Tom Enders drohte, der Konzern überlege, angesichts der Politik der Bundesregierung einen Teil der Rüstungsindustrie zu verlieren. »Wir überlegen, wie wir als Unternehmen unsere Produkte möglichst ›german-free‹ machen können«, so Enders. Mit Erfolg: die die Exportverbote wurden gelockert, seit März dürfen wieder Komponenten für Gemeinschaftsprojekte wie das Kampfflugzeug Eurofighter geliefert werden - obwohl erwiesen ist, dass diese im JemenKrieg zum Einsatz kommen.
Doch wie die Nichtregierungsorganisation Urgewalt an diesem Donnerstag in ihrem Bericht »Deutschland ist nicht isoliert« aufzeigte, stimmt das Argument der Rüstungsindustrie nicht, dass Deutschland alleine mit Exportbeschränkungen gegenüber Saudi-Arabien sei. Mittlerweile haben zahlreiche andere Länder in Europa Restriktionen gegenüber Waffenexporten nach Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate, den wichtigsten Mitgliedern der Kriegskoalition, in Kraft gesetzt.
Selbst Länder mit großer Rüstungsindustrie wie Italien und Großbritannien haben Exportbeschränkungen für an dem Krieg beteiligte Länder verabschiedet. Damit besitzen fast alle Länder in Europa, mit Ausnahme von Frankreich und Spanien, die nach Berechnungen des schwedischen Friedensforschungsinstitutes SIPRI im Zeitraum 2014 bis 2018 größere Rüstungsgeschäfte mit SaudiArabien getätigt haben, inzwischen Exportrestriktionen gegenüber dem Land - ganz im Sinne des Europäischen Parlaments, das bereits mehrfach einen EUweiten Exportstopp für Saudi-Arabien gefordert hat. Für die Bundesregierung gibt es also genug Argumente, das Exportverbot aufrecht zu halten.
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