Die Roten und die Grünen sind sich nah

LINKE und Ökopartei haben miteinander die größten Schnittmengen, brauchen zum Regieren jedoch den Wahlsieger SPD

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Am Dienstag könnte im SPD-Landesvorstand eine Vorentscheidung darüber fallen, wer künftig das Land Brandenburg regiert. Nach weiteren Sondierungsgesprächen am Sonntag und an diesem Montag will Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dem Vorstand am Dienstagabend empfehlen, mit wem Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden.

Das werden nach derzeitigem Stand in jedem Falle die Grünen sein und dazu die CDU oder die LINKE. Doch wie auch immer der SPD-Vorstand entscheidet. Das heißt noch nicht, dass am Ende die gewünschte Koalition herauskommt. Denn die Verhandlungen könnten beispielsweise an unvereinbaren Positionen der Grünen und der CDU scheitern. Deswegen wäre eine zunächst zurückgewiesene LINKE erst einmal in einer Wartestellung. Zudem könnten ausgehandelte Koalitionsverträge bei Urabstimmungen der CDU, der Grünen oder der LINKEN durchfallen.

Die LINKE befindet sich in einer verzweifelten Situation. Die Basis ist nicht scharf darauf, nach zehn Jahren Rot-Rot mit einem Absturz von 27,2 auf 10,7 Prozent, weitere fünf Jahre zu mitzuregieren und noch einmal abzusacken. Außerdem deutet sich eine Rezession an. In wirtschaftlichen wieder schwierigeren Zeiten mit sinkenden Einnahmen Verantwortung übernehmen zu müssen, ist keine verlockende Vorstellung. Allerdings geht die Angst um, als kleine Oppositionsfraktion nur wenig Gehör zu finden und deshalb genauso abzurutschen, wie es als Regierungsfraktion geschehen kann.

Das Schlimmste für die LINKE wäre allerdings, wenn bis Dezember überhaupt keine Koalition zustande kommt und - wie in der Landesverfassung vorgeschrieben - Neuwahlen angesetzt werden. Der Landesverband wäre personell und finanziell außer Stande, einen zweiten Wahlkampf in so kurzer Zeit zu führen. Die Kräfte müssen gesammelt werden, um nicht bei der Bundestagswahl 2021 an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Schließlich liegt die LINKE in den Umfragen bundesweit nur noch bei sieben Prozent und könnte durch die miserablen Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen in einen Strudel geraten, der sie nach unten zieht.

SPD-Schatzmeister Harald Sempf und Potsdam-Mittelmarks Landrat Wolfgang Blasig (SPD) haben sich für eine Koalition mit der CDU ausgesprochen, Juso-Landessprecherin Rica Eller plädierte dagegen für ein Bündnis mit der Linkspartei.

LINKE-Landeschefin Anja Mayer hatte nach der ersten Dreierrunde mit SPD und Grünen am Donnerstag gesagt, man habe »in vielen Bereichen Übereinstimmung erzielen«, aber nicht alle wichtigen Themen besprechen können. Die Grünen halten sich etwas bedeckt, doch die Grüne Jugend wirbt für Rot-Grün-Rot. Landessprecher Robert Funke erklärte am Freitag: »Gemeinsam mit der SPD und der LINKEN sehen wir die Chance, in der Landespolitik einen neuen Kurs einzuschlagen. Ein Bündnis mit der CDU wäre hingegen besonders mit Blick auf die Innenpolitik nicht denkbar.« Für die Grüne Jugend sei entscheidend, dass es »keine weiteren Verschärfungen in der Asylpolitik geben darf« und dass die künftige Regierung Bürgerrechte und hart erkämpfte Freiheiten nicht aufs Spiel setzt. Auch erhofft sich die Grüne Jugend eine ökologische Wende. Diskussionen über einen Ausstieg aus der Braunkohle schon früher als im Jahr 2038 hat es zwar auch in der SPD und in der CDU gegeben. Doch nur die LINKE schrieb wie die Grünen das Jahr 2030 in ihr Wahlprogramm. Robert Funke meinte: »Die Verhandlungen werden hart, doch die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen muss es uns wert sein!«

Bedeutung bekommt eine derartige Einschätzung, wenn sie von der Mutterpartei geteilt wird, und dafür gibt es immerhin Indizien. Denn die Grünen haben bei der Entscheidung über den dritten Partner mit Bündnis mit der SPD ein Wörtchen mitzureden und sie wissen, dass ihre inhaltlichen Schnittmengen mit der Linkspartei am größten sind. CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben hatte den Grünen zwar programmatisch einige Lockangebote gemacht. Doch nach seiner Entmachtung in Partei und Fraktion ist fraglich, was davon noch gilt. In den Sondierungsrunden mit dem kommissarischen CDU-Landeschef Michael Stübgen zeigten sich die Differenzen in der Agrar- und Umweltpolitik.

Zunächst muss die SPD für sich klären, ob sie wirklich glaubt, mit der notorisch zerstrittenen CDU eine stabilere Koalition bilden zu können als mit der Linkspartei. Die Grünen halten am 21. September, im Bürgersaal des Rathauses Kleinmachnow einen Kleinen Parteitag ab. Dort wollen sie über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen beraten. Die Grünen könnten dabei, wie sie mitteilen, auch gleich beschließen, ob später ein Parteitag über den Koalitionsvertrag befinden oder ob es dazu eine Urabstimmung der Mitglieder gibt soll. Wenn die LINKE von der SPD zu Koalitionsverhandlungen einladen wird, entscheidet sie am Donnerstag, ob sie die Einladung annimmt.

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