Politik darf lügen

Auf Facebook gelten für Politiker künftig viele Community-Standards nicht mehr

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Donald Trump ist bekannt dafür, Fakten als lästige Angelegenheit in der Politik zu betrachten. Statt auf Argumente setzt der US-Präsident darauf, seine Anhängerschaft mittels Emotionalisierung anzusprechen - oft durch gezielte sexistische, nationalistische, herablassende verbale Tiefschläge. Äußert sich Trump über die sozialen Netzwerke, wird dies tausendfach geteilt und kommentiert. Aufmerksamkeit ist ihm garantiert.

Facebook tut sich seit jeher schwer im richtigen Umgang mit Fake News sowie Hass und Hetze auf seiner Plattform. Zwar gelten für die Nutzer des sozialen Netzwerks Verhaltensregeln, umstrittene Äußerungen können auch gemeldet werden. Es gibt inzwischen sogar Mitarbeiter, die Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen. Doch der Internetgigant hat nun entschieden: All diese Maßnahmen müssen Politiker in Zukunft nicht mehr fürchten. Für sie gelten die Communityregeln nicht mehr. »Unsere Rolle als Facebook ist es, für gleiche Rahmenbedingungen zu sorgen - nicht, selbst ein politischer Teilnehmer zu sein«, begründet der Politikchef des Netzwerks, Nick Clegg, die Entscheidung, die auf dem Blog des Konzerns nachlesbar ist. Künftig sollen Äußerungen von Politikern grundsätzlich als »Beiträge mit Nachrichtenwert« eingestuft werden, für die es ein »öffentliches Interesse« gibt. Das heißt, ihre Posts dürfen gegen die sonst für alle geltenden Standards verstoßen, ohne dass es Konsequenzen gibt.

Einzige Ausnahmen: Wenn Menschen durch die Beiträge gefährdet werden könnten. Was Facebook darunter versteht, verrät der Konzern nicht. Ebenso von der Neuregelung ausgenommen sind politische Beiträge, die als bezahlte Beiträge auf der Plattform verbreitet werden.

Clegg lässt einige wichtige Fragen unbeantwortet: Zwar begründet der Facebook-Manager die Maßnahme mit den anstehenden US-Präsidentschaftswahlen 2020, allerdings ist unklar, ob die Regelung zunächst nur für die USA oder weltweit gelten soll. Ebenso schweigt sich der Manager darüber aus, wen der Konzern als Politiker definiert. Gilt die künftige Narrenfreiheit nur für Mandatsträger, für alle, die für ein Amt kandidieren oder jeden, der sich politisch engagiert?

Auch Twitter schlug vor wenigen Monaten einen ähnlichen Weg ein, gab sich dabei aber deutlich transparentere Regeln. Seit Juni löscht der Kurznachrichtendienst ebenfalls keine umstrittenen Beiträge von Politikern mehr, die dafür aber mehrere Bedingungen erfüllen müssen: Dem geprüften Account müssen mindestens 100 000 Nutzer folgen. Als Politiker definiert Twitter Personen, die Mitglied einer Regierung sind, sich um ein öffentliches Amt bewerben oder dieses bald antreten.

Verstößt ein Beitrag aus diesem Personenkreis gegen die Richtlinien des Netzwerks, wird er durch Twitter geprüft. Anstatt einen Post zu löschen soll dieser stattdessen einen Warnhinweis bekommen. User bekämen den Beitrag dann erst angezeigt, wenn sie dies aktiv durch einen Klick bestätigen.

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